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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,3.1916

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Heft 14 (2. Aprilheft 1916)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14293#0096

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men. Wäre das Verhältnis der aus
einem Kriege nach Hause Kommen-
den das gleiche wie das der Ge--
winner des großen Loses bei einer
Lotterie, die Zahl der Kriegsfreiwil--
ligen hätte anders ausgesehen. Also
weg mit der Phrase der ihr Leben
hingebenden Kriegsfreiwilligen! An--
dern wir sie dahin, daß wir jene
idealen Kämpser als Äbernehmer
eines günstigen Risikos hinstellen,
das ihnen neben der Möglichkeit
des Todes viel mehr Möglichkeiten
der Ehre, des Ansehens, des inter-
essanten Erlebnisses einzutragen ver--
mag."

Das klingt nun recht scharssinnig.
Und obwohl es überslüssigerweise im
Geschäftsmannsstil ausgedrückt ist, so
wollen wir auch das Stück Wahrheit
darin ruhig gelten lassen. Aben-
teuerlust, Lebensüberdruß, Unkennt-
nis der Werte des Lebens, Nachgie-
bigkeit gegen den von der Umgebung
ausgehenden Zwang, alle solche
Eigenschaften können leicht Ent-
schlüsse hervorrufen, die ein Mensch
unter anderen Umständen nicht fas-
sen würde. Aber Frieds Gedanken-
gang macht trotz seiner Nüchternheit
Sprünge. In dem Bestreben, einen
Patriotismus, den Fried wohl nicht
recht leiden mag, zu entwerten,
scheint er ihn leugnen zu wollen.
Es gibt keine Statistik der Gesin-
nungen; darum kann man jederzeit
über die Zahl der echten Opser und
der aus geringeren Motiven ge-
brachten Scheinopfer streiten — in-
sosern hat es Fried bequem. Aber
eine einsache Frage ergibt, daß die
Abenteuerlust und die Lebenswert-
kenntnis noch lange nicht das be-
wirkt, was dieser Krieg bewirkt hat:
warum haben denn frühere
Kriege nicht annähernd solche
Zahlen von Freiwilligen
gezeigt? Ferner: weiß Fried in
Deutschland so wenig Bescheid, daß
er nicht wie wohl fast jeder unter
uns Kriegsfreiwillige kennt, die

im vollen Bewußtsein des Lebens-
wertes, die ganz ohne Sinn für
„interessante Lrlebnisse" und ohne
irgendwelche Nebenmotive jetzt sich
dem Vaterlande zur Verfügung
stellten?

Kehren wir zum Anfang dieser
kleinen Betrachtung zurück. Möge
die Tatsache der vielen echten Opfer
heut überhaupt den Sinn für das
Wesen des Opsers läutern! Das
bekannteste Opfer der Christenheit
ist Iesu Lebensopfer. Kein Christ
nimmt an, Iesus habe sich irgend-
einen materiellen oder seelischen Ge-
winn versprochen, er habe auch nur
auf Dank gerechnet, als er es auf
sich nahm. Trotzdem hat sich eine
überwältigende Mehrheit der christ-
lichen Gesellschaft gewöhnt, solche
Nebengedanken für selbstverständlich
zu halten. Wie schwer dies das
öffentliche Leben und auch die Rein-
heit der Beziehungen der Menschen
untereinander geschädigt hat — auch
das wird kein Statistiker feststellen.
Aber die Lebenshaltung der Gesell-
schast in der Friedenszeit, die sprach
davon. snI H. Herter

Soll's bei dem Fremdworte
„Konfirmation" bleiben?

einem wenigstens sind sich Ver-
Oteidiger wie Gegner der Fremd-
wörter einig, nämlich in der tief-
gründigen Wahrheit, daß über-
flüssige Fremdwörter überslüssig
sind. Welche sind das? Da beginnt
die Uneinigkeit schon. Ich meine,
es sind vor allem d i e Fremdwörter,
die sich an die Stelle längst einge-
bürgerter deutscher Wörter gedrängt
haben, ohne die Sprache um irgend-
eine Färbung oder Abschattung zu
bereichern. Wenn beispielsweise das
„Steinöl", das in meiner Iugend
allein gebräuchlich war, auf dem Weg
über die Handelshäuser und Kauf-
läden allmählich durch das Petro-
leum" verdrängt wurde, so ist un-

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