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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,3.1916

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Heft 14 (2. Aprilheft 1916)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14293#0097

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ersindlich, was da für eine „Berei-
cherung" der Sprache sein soll. Ähn-
lich ist's mit dem Wort „Konfirma-
tion". Aus den Studien- und Amts-
zimmern ist es unters Volk gekom-
men und hat als „amtliche" Be-
zeichnung allmählich das gute, volks-
tümliche Wort „Linsegnung" ver-
drängt. Sache und Gesühlsbeziehun-
gen sind dieselben — nur: Einseg-
nung ist wärmer, fürs Volk anschau-
licher, Konsirmation abstrakter und
kühler. Mag der Schriftsteller, der
zu irgendeinem Zweck einmal ab-
schatten will, das Fremdwort bewah-
ren, warum aber drängt man's dem
Volke auf?

Äber die Vorzüge des Wortes
„Einsegnung", sowohl was Anschau-
lichkeit wie Gefühlswert betrifft,
haben wir bereits im Osterhest W3
(XXVI, (2) gesprochen. Wir regten
damals an, die Kirchenbehörden
möchten amtlich das Wort „Ein-
segnung" wieder einsühren.

Man mag einwenden, es ginge
nicht wohl, Linsegnungsschüler und
Einsegnungsunterricht statt Konfir-
mand und Konfirmationsunterricht
zu sagen. Richtig, aber das Volk
hat dergleichen scheindeutsche Wör-
ter auch nie gebildet. In manchen
Gegenden sagte man „Betschüler"
und „Betstunde". Das klingt mo-
dernen Ohren etwas frömmelnd, es
würde sich heute schwer einsühren.
Pfarrer Weyrich machte, bereits im
Herbst (9(3, in der „Lhristlichen Frei-
heit" den Vorschlag, die im Volk
hier und da gebräuchlichen Wörter
„Pfarrschüler" und „Pfarr-
stunde" einzuführen, Wörter, die
wirklich die Sache treffen und an
denen niemand Anstoß nehmen
wird. Warum solgt man dem
nicht?

Einsegnung, Psarrstunde, Pfarr-
schüler — die Linbürgerung dieser
Wörter dürfte sehr leicht sein, wenn
die Kirchenbehörden den guten Wil-
len haben. Dann würde in künftigen

Zeiten das Wort „Konsirmation"
ein besonderes kulturgeschichtliches
Schmäcklein erhalten wie heut so
manche Fremdwörter des achtzehn-
ten Iahrhunderts. Für den Lieb-
haber von „Nüancen" abermals eine
Bereicherung!

„Katholische" Literatur

urch katholische Zeitungen geht
wieder einmal der Warnruf, die
katholische Literatur solle sich nicht
in die Ecke drücken lassen. Sie ge-
höre wie jede andre zur National-
literatur und dürfe nicht anders be-
handelt werden, denn als ein Teil
von ihr. Wo wird sie „in die Lcke
gedrückt" ? Man weist auf den „Lite-
rarischen Ratgeber des Dürerbun-
des", in dem neben Neuerer Dra-
matik, Prosa, Lyrik usw. auch ein
besonderer Abschnitt „Katholische
Literatur" steht. Diese Behandlung,
so meint zum Beispiel die „Kölni-
sche Volkszeitung", geschehe: „um den
Werken einen Sonderplatz anzuwei-
sen und sie herabzusetzen". Ia, sie
beruhe auf einem „grundsätzlichen
Fehler", man scheine von katholi-
schen Schriftstellern zu verlangen,
daß die religiöse Äberzeugung in
ihren Werken zurücktreten müsse,
während ein Zurücktreten der Lebens-
ausfassung doch zu einem seichten
Formalismus, zu einem blutarmen
Asthetizismus sühre. Rein literarisch
sei gegenüber Katholiken wie gegen-
über Iuden und Protestanten die
Frage zu stellen: „in welchem Maße
die religiösen Anschauungen durch
den Dichter künstlerisch bewältigt
worden sind. Die große Nngerech-
tigkeit besteht darin, daß man bei
den Katholiken von vornherein vor-
aussetzt, es mangle ihrem Vorwurf
die künstlerische Verarbeitung, wäh-
rend man bei Andersgläubigen mit
anderem Maße mißt und der Dar-
legung ihrer Weltanschauung oft auf
Kosten des künstlerischen Werturteils
freundlich gegenübersteht."

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