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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,3.1916

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Heft 16 (2. Maiheft 1916)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14293#0215

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werden und welche Mittel wir ander--
seits noch aufbringen müssen. Die
Kostenfrage aber ist wohl gerade jetzt
ausschlaggebend.Können wir sie lösen,
so werden wir auch alleandernSchwie--
rigkeiten überwinden. Und ich glaube
auf Grund der Einsicht in Teilge--
biete, die hier in Betracht kommen,
sagen zu können: haben wir erst
diese statistische Erhebung abgeschlos--
sen, so werden wir sehen, daß die
Verwirklichung der weib--
lichen Dienstpslicht möglich
ist ohne wesentliche neue
Geldmittel. Drum dürsen wir
nicht zögern, uns diese Gewißheit zu
schafsen, also eine Mittelstelle zu
gründen, die den gesamten Stoff zu
dieser Lebensfrage unseres Volkes
sammelt und sichtet und einem Ideal
zur Verwirklichung verhilft, das
unserm Volk erst in Wahrheit die
»allgemeine" Wehrpslicht gibt. sm^
Lrnst Reichel

Friedrich Klöppel 1-

«^ir zeigen seinen Tod an dieser
-^^Stelle an, „Unter uns", weil
er der treue Rechtsberater des Dü--
rerbundes war. Aber mit Friedrich
Klöppel ist eine Persönlichkeit hin--
gegangen, die so gesüllt war, daß
sie am eigenen Äberflusse litt, „auch
Einer", der zugleich den Typ einer
besondern erhöhten Gattung Mensch
verkörperte. Unter den Rechtskun--
digen galt der Fürsprech am Säch--
sischen Oberlandesgericht für einen
der ganz „wissenschaftlichen" Iu--
risten. Bei den Politikern galt der
Dresdner Minderheitskandidat für
die Reichstagswahlen als einer der
glänzendsten Volksredner. Bei den
Schulmännern für einen der sach--
kundigsten Verfechter der Schulver--
besserungspläne. Bei den Kirchen--
reformern für einen Eifrigen, dessen
theologische Fachgelehrtheit manchen
Diener der Kirche bedrängte. An
seinem Grabe sprach man davon,

daß ihm beim Lesen Deutsch, Eng--
lisch, Französisch, Italienisch, Spa-
nisch, Holländisch, Dänisch, Schwe--
disch, Russisch, Tschechisch, Neugrie--
chisch, Altgriechisch, Lateinisch, Ie--
bräisch gleich gewesen sei, und einer
erzählte von Klöppels fröhlichem
Briefwechsel im feinst geschlifsenen
Attisch und von dem Staunen der
Philologen über seine tadellosen alt-
griechischen Gedichte. Auch seine ge-
schichtlichen und seine geographischen
Kenntnisse waren schlechterdings ver-
blüffend. Dabei war er unter den
Wandersmännern in der Heimat
einer von denen, die Wald und Flur
am innigsten genossen, ob auch der
heilige Augustin oder sonst, was kei-
ner vermutete, ihm in irgendeiner
Tasche saß. All diese Aberfülle aber
lag in Klöppel nicht etwa wie beim
Vielwisser bekannter Art irgendwo
im Hirne tot, sie wartete wie ini
leichtesten Morgenschlummer des lei-
sesten Weckrufs, um zu sprühn und
zu sprudeln und aus oder auch über der
Erde zu baun. Da lag die Gefahr
dieses Mannes: der erregte Reich-
tum seines Ichs kam viel zu selten
aus all dem Bewegen der Kräfte
untereinander heraus zur Ruhe, zur
Klärung, zum Niederschlage. Er
konnte nicht immer zum Ziele,
was man von seiner Begabung und
seinem Wissen und Können erwar-
tete. Noch was er selbst von sich
verlangte. Er, der Idealist ohne
Konzession, der Mensch von höchster
Lauterkeit und von diesem Optimis-
mus, der immer wieder sein „Und
doch!" ins Leben rief. Vielleicht war
Klöppel seinem letzten Wesen nach
viel weniger ein moderner Iurist,
als ein Humanist, einer vom Ge-
schlechte nicht des feinen MLnnleins
Erasmus, sondern Huttens. So
ging er durch die Gegenwart trotz
aller Lust darin zu leben, doch wie
einer aus andrer Zeit. Und ge-
rade auch dadurch mit als einer, der
uns Heutigen Besonderes gab. A
 
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