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Diez, Ernst; Burger, Fritz [Hrsg.]; Brinckmann, Albert E. [Hrsg.]
Handbuch der Kunstwissenschaft: Die Kunst der islamischen Völker — Berlin-Neubabelsberg: Akad. Verl.-Ges. Athenaion, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.66388#0242
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DIE GEFÄSSKERAMIK


Abb. 276. Persischer Fayenceteller (17.—18. Jahrhundert),
Rosenberg, Paris
(phot. Bruckmann).


Abb. 277. Tauschierter Bronzeleuchter,
(13.—14. Jahrhundert), Berlin, Kaiser-
Friedrich-Museum.

Über die spanische Fliesenkeramik, die ebenso wie die timuridische im 15. Jahrhundert die höchste Blüte
erreichte und mit dieser bedeutsame technische Verwandtschaften aufweist, gab Osthaus einen trefflichen
Überblick (Orient. Archiv I). Für die türkische Baukeramik sei auf Gurlitts Zusammenfassung verwiesen
(Baukunst Konstantinopels 96ff). Sie vereinigt technisch persische und alttürkische Elemente, führt als
neue Farbe Rot ein und ist durch ihre naturalistischen Blütenmuster, die sich nach persischen Mustern ent-
wickeln, charakterisiert.
Der entwicklungsgeschichtliche Ablauf der Gefäßkeramik hat mit dem der Baukeramik viel Ähn-
lichkeit, nur geht hier naturgemäß die Differenzierung viel weiter und löste oft höchst eigenartige Werke
mit persönlicher Note aus. Ferner förderte der frühe, schon in Samarra beobachtete chinesische Import
die Reichhaltigkeit. Auch hier sind die zwei Gruppen der westpersischen Luxuskeramik, die nur in Kul-
turzentren aufblühen konnte und der turkopersischen Volkskeramik zu unterscheiden. Diese letztere, deren
Heimat durch gleichartige (vor Mitte des 8. Jahrh. dat.) Steinzeichnungen auf Sarkophagen im Orchontale
in der Mongolei angezeigt wird (Radioff, Atlas d. Altertümer d. Mongolei, Taf. XII), ist an den meisten
alten Siedlungsstätten vor allen in Churäsän zu finden und ihr frühes Eindringen nach Persien wurde
durch Funde dieser Gattung in Samarra festgelegt. Es sind Steingutscherben mit gelben, blauen und grünen
ineinanderfließenden Glasuren auf weißem Grund (Engobe), die mit dunkeln eingebrannten Rankenkurven
von sehr freier willkürlicher Zeichnung, geschmückt sind. Man kannte diese Keramik bis vor kurzem nur aus
Kairo, wo sie Mamlukenkeramik genannt wurde (Abb. 273). Meine Funde davon in Ostpersien liefern wieder
einen Beweis vom starken turkopersischen Einschlag, den Kairo in der Mamlukenzeit und schon vorher
erhielt. Die Zentren der westpersischen Luxuskeramik waren Baghdäd, Raqqa am mittleren Euphrat, Rajj,
Veramin, Sultänäbäd und später Käschän. Die Raqqaware aus dem 10.—12. Jahrhundert zeichnet sich durch
flotte Zeichnung und farblose Glasuren aus. In Rajj bei Tehrän bringen die Ausgrabungen, je tiefer sie
dringen, desto mannigfacheres Material zutage. Hier ist sozusagen ganz Asien keramisch vertreten: Un-
glasierte und glasierte Gefäße mit Reliefdekor, besonders auch mit Tierfriesen, wie sie an chinesischen Ge-
fäßen der Han- und T’angzeit vorkommen (Abb. 275); glasierte Gefäße mit Lüsterdekor; endlich Gefäße
mit weißem Anguß und figuraler Bemalung mit bunten, stumpfen Farben, eine Ware, die sich wegen der
flotten Zeichnung von großer Frische, die mit der uigurischen Kleinmalerei im Tarimbecken verwandt ist,
höchster Schätzung erfreut (Abb. 274). Dies die wichtigsten Gruppen. Dazu kommen seladonartige Ge-
 
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