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Diez, Ernst; Burger, Fritz [Editor]; Brinckmann, Albert E. [Editor]
Handbuch der Kunstwissenschaft: Die Kunst der islamischen Völker — Berlin-Neubabelsberg: Akad. Verl.-Ges. Athenaion, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.66388#0045
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BAUGESCHICHTE DES FELSENDOMES

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Eindruck unregelmäßiger Stützenstellung. Die vier Pfeiler des inneren Stützenkreises stehen jedoch axial
mit den acht Eckpfeilern des äußeren Stützenoktogons und bilden mit ihnen verbunden ein Kreuz.
Zwischen den acht äußeren Pfeilern stehen je zwei monolithe Säulen mit verschiedenen Kapitälen,
älteren Bauten entnommen. Auf den Kapitälen liegen Kämpfer von verschiedenen Höhen, um gleiche
Höhe für die Bogenansätze zu erreichen. In dieser Höhe laufen 0,90 m hohe, 0,50 m breite Holz-
architrave, die mit Schnitzereien, Marmorvertäfelung und getriebenen Kupferplatten verkleidet sind.
Darüber ein mosaizierter Rundbogenfries. Motive den Zwickelflächen entsprechend Vasen- und Palmetten-
gebilde mit daraus sprießenden Ranken. Über diesem Mosaikschmuck läuft ein kufischer Schriftfries,
dessen blauer Grund und goldene Lettern, wie so vieles an diesem Bauwerk und in Jerusalem und
Syrien, vor dem Besuch Kaiser Wilhelm. II (1898) übermalt wurde und der neben Koransprüchen die älteste
Bauinschrift enthält: „Gebaut hat diese Kuppel der Diener Gottes cAbdalläh al Imam al Ma’mün, der Fürst
der Gläubigen, im Jahre 72.“ Da der cAbbaside Ma’mün erst 198—218 d. H. (813—833) regiert hat, überdies
die spätere Einsetzung des Namens an den veränderten Schriftzeichen kenntlich ist, ergibt sich für 72 d. H.
(691) in Übereinstimmung mit den anderen arabischen Überlieferungen der cOmajjade cAbd al Malik als
Erbauer. Auf diesem achtseitigen Bogenfries ruhen die mit Stuck und Malerei verzierten horizontalen
Holzdecken der beiden Umgänge, die äußere niederer als die innere. Die Rundmauer über dem inneren
Stützenkreis ist ebenfalls außen bis zur Holzdecke und innen bis zur Kuppel mosaiziert. Der durch einen
Karnies in zwei Felder geteilte Tambur ist mit einem aus stilisierten Traubenranken, die aus Vasen sprießen,
bestehenden Mosaik ausgestattet. Der Rest einer Inschrift datiert diese Mosaiken 418 d.H. = 1027, sie
stammen also von der Restaurierung durch den Imäm Zähir. Die Gitter der 16 Rundbogenfenster des
Tambur sind mit buntem Glas ausgelegt, so daß der Raum mit farbig harmonischem Dämmerlicht erfüllt
ist. Der Übergang zur Kuppel ist durch einen Arkadenring mit Doppelsäulchen und Dreiblattbogen, deren
Öffnungen auf den Raum zwischen den beiden Kuppelschalen gehen, hergestellt.
Die Innenfläche der inneren hölzernen Kuppelschale ist mit reich bemaltem Stuck geschmückt: Ranken
und Stiftungsurkunden auf blauem Grund. Die beiden Schalen der 1022 wieder erbauten Kuppel sind durch
Sparren miteinander verbunden. Neben dem Südeingang, dem Bäb el Qibla, ist durch eine Nische mit zwei
eingebundenen Säulen der Mihräb gebildet.
Baugeschichte. Der Berg Moria war der Platz des Salomonischen, dann des sog. Herodianischen
Tempels, der 70 n. Chr. von den Römern zerstört wurde. An Stelle des jüdischen Heiligtums baute nach
dem Bericht des Dio Cassius Hadrian einen Jupitertempel, der neben, jedoch nicht über dem Felsen lag.
In byzantinischer Zeit wurde an Stelle des zerstörten Jupitertempels kein Bau aufgeführt, wohl aber dürfte
an Stelle der jetzigen Aqsamoschee am Südrand des Tempelberges eine Basilika gestanden haben. Als der
zweite Kalife cOmar 638 Jerusalem in Besitz nahm, errichtete er südlich vom Felsen eine primitive Moschee,
die der Bischof Arculf, der sie ca. 640 gesehen hat, als ein viereckiges Bethaus, quam subrectis tabulis
et magnis trabibus super quasdam ruinarum reliquias vili fabricati sunt opere, das 3000 Beter fassen
konnte. Von dieser primitiven, südlich vom hl. Felsen errichteten hölzernen Halle vererbte sich der Name
cOmarmoschee auf den Felsendom, den erst der Omajjade cAbd el Malik errichtete. Er beschränkte sich
jedoch nicht darauf, sondern plante den Ausbau des ganzen Tempelplatzes, der nunmehr den Namen el
Haräm-esch-Scherif, d. i. der umfriedete Platz, der geehrte, kurz Haräm, bekam. Es wird erzählt, daß er zu
diesem Zweck Werkmeister aus seinem ganzen Gebiet versammelte und ihnen befahl, den Plan zu entwerfen.
Als Felsendom und Aqsamoschee vollendet waren, ließ er die von der ausgesetzten Bausumme noch erübrigten
100000 Dinare einschmelzen und die Kuppel vergolden. Nach Eutychius verwendete Walid eine vergoldete
Kuppel von einer Baalbeker Kirche für den Felsendom. Der Bau dauerte von 66 oder 69 bis 71 d. H. Man
wollte aus der oben (S. 14) erwähnten Notiz Jacqübis schließen, der Felsendom sei ursprünglich eine offene
Kuppelhalle wie der danebenstehende kleine Kettendom gewesen, und erst der cAbbaside Ma’mün hätte die
Mauern ringsum errichtet. Dem widersprechen jedoch die Koraninschriften auf der bronzenen Nord- und
Osttüre, die als Inschriften cAbd el Maliks erkannt wurden, während Ma’mün wie im Innern auch hier
die letzten historischen Zeilen entfernen und seinen Namen daruntersetzen ließ. Mamün war 831 in Jeru-
salem. 1016 stürzte die Kuppel ein und wurde 1022 durch die heutige ersetzt. 1099 nahmen die Kreuz-
fahrer Jerusalem ein und der Felsendom wurde christlich, der Fels mit Marmorplatten verdeckt, da man
Stücke davon als Reliquien mitnahm. Die Mosaiken wurden z. T. im christlichen Sinn erneuert. 1187 entriß
Saladin Jerusalem bis auf ein kurzes Intermezzo im Jahre 1244 für immer der christlichen Herrschaft.
Der Felsendom wurde wieder von allen christlichen Zeichen und Bildern gereinigt. Damals scheint die Kuppel
den heutigen Schmuck bekommen zu haben und die Mosaiken des Tambur wurden stark restauriert. Eine
 
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