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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0190
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Kunst-Literatur und Albuin.

I. Kunstliteratur.

Aesthetik. — Geschichte. — Technik.

Charakterbilder aus der Kunstgeschichte in chronologi-
scher Folge von den ältesten Zeiten bis zur italienischen
Knnstblüthe. Nach den Darstellungen der vorzüg-
lichsten Knnstschriftstcller herausgegeben von A. W.
Becker. Mit 187 Holzschnitten. (Leipzig. Verlag
von E. A. Seemann. 1862.) 392 S. gr. 8.

Die Kunst und die Künstler des 16., 17. und 18. Jahr-
hunderts- Herausgegeben von A. Wolfgang Be-
cker. Mit zahlreichen Holzschnitten. (Leipzig 1862.
Verlag von E. A. Seemann.) 1. 2. Lieferung.

Die beiden vorbezeichneten Werke gehören, obschon jedes eine
besondere Form der Darstellung zeigt, doch zusammen, lheils
weil sie sich in chronologischer Beziehung einander anschließen,
theils weil sie, nach verschiedenen anerkannten Quellen in eklek-
tischer Weise bearbeitet, beide denselben Zweck verfolgen, den wir
kurz als die anerkennenswerthe Tendenz einer Popularisirung des
durch die Originalforschungen zu Tage geförderten und gesichte-
ten Stoffs bezeichnen wollen- Was zunächst die „Charakterbilder"
betrifft, so stellt sie sich als eine sorgfältige Zusammenstellung
von mannigfachen kunsthistorischen Schilderungen unsrer besten
Forscher wie Schnaase, Kngler, Lübke, Springer, Melk-
ter, Overbeck, Thiersch u. s. f. dar, welche, nach einer das
Wesen der Kunst überhaupt behandelnden Einleitung, die Ent-
wicklung des künstlerischen Geistes von den Indiern, Babyloniern,
Aegyptern herab bis zu den Griechen und von diesen und den
Römern bis zum Mittelalter und schließlich zu der Blüthezeit
der klasstschen italienischen Kunst des 15. und 16. Jahrhunderts
in chronologisch aneinandergereihlen charakteristischen Auszügen
der besten knnsthistorischen Werke genannter Schriftsteller dem
allgemeinen Verständniß näher zubringcn sucht- Wir haben so-
mit eine Blumenlese vor uns, deren einzelne Blüthen mit Ge-
schmack und Ordnung zu einem Kranze geflochten sind, der dem
Laien schon der Verschiedcnartigkeit der Farben, d- h. der Anf-
fassungs- und Darstellnngsweise halber, mehr Zusagen dürfte, als
das einfarbige Specialwerk eines einzelncns Forschers. Für die
Künstler aber, denen die Geschichte der Kunst vorzugsweise am
Herzen liegen muß und die von dem ernsthaften Studium der-
selben nur zu oft durch die mit einer strengwissenschastlichcn Ar-
beit nothwendig verbundenen Form der Darstellung, welche sie nicht
selten mit Recht „pedantisch" nennen, abgeschrcckt zu werden Pflegen,
hat diese Art der Behandlung einen doppelten Reiz, indem sie
die wichtigsten Resnltnte der Forschungen, das ganze Gebäude
der knnstgeschichtlichen Entwicklung, ohne das kritische Gerüst,
welches zu seinem Ausbau gedient hat, in ansprechendem und oft
glänzcndeni Vortrage vor ihren Augen sich entfalten sehen und
so in sich anfnehmen können.

Eö liegt natürlich nicht in unsrer Absicht, das Werk im De-
tail zu besprechen, schon desbalb weil cs kein Originalwerk ist,
und so bleibt uns denn nur noch übrig, neben der eleganten und
würdigen Ausstattung die Ausschmückung durch zahlreiche, zum
großen Tbeil recht gediegene Illustrationen hcrvorznhebcn, welche
jenen populären Zweck durch ihre Wirkung auf die unmittelbare
lebendige Anschauung nur zu fördern geeignet sind.

Das zweite obengenannte Werk schließt sich nun insofern an
das hiererwähnte au, als es den Schlnßpunkt desselben zu seinem
Ausgangspunkt macht, indem es „die Kunst und die Künstler des
16., 17. und 18. Jahrhunderts" betrachtet, und zwar — wie der
Herausgeber in seinem Prospekt sagt — in größerer Breite und
mit näherem Bezug auf die Lebcnsschicksale der Hauptmcister,
als dies bisher geschehen. Die uns vorliegenden zwei Lieferun-
gen umfassen die Benetianische Schule und zwar in biogra-
phischen, historisch-kritischen Charakteristiken ihrer hervorragendsten
Meister, namentlich von Giorgone, Palma-Vecchio, Ti-
zian, Pordenone, Tintoretto, Paolo Veronese, Gia-
como Bassano und Jacopo Sansovino dem Architekten.
Soweit wir ans dem Inhalt der beiden Lieferungen nrtheilen
können, ist das Ganze sehr praktisch angelegt und dürste nament-
lich für Künstler sehr interessant sein, da es viel Anregendes und
die damalige Kunstanschauung Charakterisirendes enthält. Die
Ausstattung in illnstratorischer wie in typographischer Beziehung
läßt nichts zu wünschen übrig. Wir wollen nur noch erwähnen,

daß das letztgenannte Werk in monatlicher Lieferung st 10 Sgr
erscheint und daß es in etwa Jahresfrist vollendet werden soll.
Auch der Preis des ersten Werkes, der „Charakterbilder", ist
überaus mäßig (2>/2 Thlr.), so daß wir beide auch in dieser Be-
ziehung als preiswürdig nur empfehlen können. M. Sr.

Album.

„Norwegische Hochebene" nach dem Oelgemälde von Len
in Oelfarbendruck ansgeführt von Storch & Kra-
mer in Berlin. Vereinsblatt für 1862 des Königs-
berger Kunstvereins.

^Herzog bon Sachsen-Koburg-Gotha im Jagdkostüm"

nach dem Oelgemälde von L a uch ert in Oelfarbendruck
ausgeführt von Lichtenberg in Berlin.

Wir haben diese beiden Blätter zusammengestellt, weil sie
nach verschiedenen Richtungen hin als mustergültig und als Spe-
cimine der Leistungsfähigkeit der chromolithographischen Repro-
duktion gelten können. Bei beiden sind wir ferner in der Lage
darüber zu nrtheilen, wie weit sie die Originale erreichen, da
uns die Letztern bekannt sind. Was nun zunächst die Landschaft
betrifft, so herrscht darin in bemerkenswerther Weise die Stim-
mung vor; ein Resultat, daß nur durch die zarteste Behandlung
der Farben und durch seines Verständniß der Requisite der Gesammt-
wirkung erreicht werden konnte. Dies Blatt beweist wieder
schlagend, mit welch' guten Rechte wir bei Gelegenheit der Be-
sprechung einer Lithochromie nach Pape vor der Reproduktion
der bloßen angenehmen „schönen Gegend" warnten. Denn nur
wo Stil und Stimmung vorwaltet, ist ein Erfolg mit dieser
Technik zu erzielen, und daß ist bei diesem Blatte im hohem
Maaße erreicht.

lieber das Lichtenberg'sche Blatt hat sich der Meister des
Originals, Lanchert, selbst in so anerkennender Weise ausge-
sprochen, daß wir uns darauf beschränken können, seine Worte
zu wiederholen. Er sagt (in einem Schreiben an den Besitzer
des Instituts), daß das in demselben gefertigte Bild vollständig
seine Erwartung übertroffcn habe, und daß er „sowohl die vol-
lendete technische Ausführungen jeder Beziehung als'auch den
wirklich charakteristischen Totaleindrnck der Aehnlichkeit bewun-
dert." — „Die Schwierigkeiten einer Reproduktion in dieser
Manier und dieser bedeutenden Dimension" — fügt Herr Lau-
chert hinzu — „sind mit Meisterschaft überwunden, und ich kann
meine vollste Anerkennung nur dadurch auödrücken', daß ich es
allen Verehrern und Freunden Seiner Hoheit, wie allen Kunst-
freunden aufrichtigst empfehle." — In der Thal können wir dies
anerkennende Urtheil, namentlich was das ganze Exterieur sowie
den landschaftlichen Hintergrund betrifft, durchaus unterschreiben,
und wenn vielleicht im Gesicht der Ton des Originals nicht ganz
getroffen ist, wenigstens in dem uns vorliegenden Abdruck, so ist
dies lediglich der doch zuletzt immer vorhandenblcibenden Diffe-
renz zwischen der Wirkung eines untermalten Oelbildcs, bei wel-
chem die darunter liegenden Farben dnrchscheinen und milsprechen,
und einem auf dem Wege des Druckverfahrens erreichten Kolorit
znzuschrciben. Ueberhaupt dünkt uns, als ob die phrasenhaften
Faseleien von der Wirkung einer Chromolithographie, als ob sie
ein Oelbild vollkommen zu ersetzen im Stande sei, für die Po-
pularität dieser dankbaren Technik sehr gefährlich ist. Denn nur
Jemand, der die Oelmalerei höchstens ans dem Anstrich von
Fenstern und Thüren kennt, kann ein Oelgemälde mit einer Litho-
chromie verwechseln. Hiermit wollen wir aber keineswegs be-
haupten, daß die Oelmalerei unter allen Umständen mehr und
Besseres leiste als die Chromolithographie. Das „Portrait des Her-
zogs von Sachsen-Kobnrg-Gotha" im Buntdruck ist als Bild und
im Kolorit unendlich viel besser als tausende von Oelportraits,
die wir schon auf unsern Kunstausstellungen haben prangen sehen.
Wir meinen nur, daß es thöricht sei, die Wirkung zweier ganz
verschiedenen Techniken miteinander idcnlificiren zu wollen. Sie
sind, ganz abgesehen van dem Grade ihrer Vollendung, verschie-
den; das ist zu berücksichtigen, und deshalb auch nicht die For-
derung zu stellen, daß eins das andere ersetzen soll. Am meisten
jedoch' wird die Chromolithographie, schon der ihr, sobald sie im
Kolorit zu weit geht, etwas anhaftenden Stumpfheit der Farbe
wegen, in der Reproduktion der Aquarellmanier leisten können,
und besitzt in der That hier — wie die englischen Bnntdrücke be-
weisen — eine fast wunderbare Feinheit. M. Sr.
 
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