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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 18.1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.12974#0057
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Lhota malt (wenn ich nicht irre: auch für den Erzherzog) einen
„Hieronymus von Prag im Kerker" und in eben dem Momente,
da ihn eine große Anzahl verschiedenfarbiger Mönche überreden will,
seine „Irrlehren" abzuschwören. Die Komposition spricht sich sehr
klar aus, die Gestalt des Hieronymus ist charaktervoll, der Kopf
fein modellirt und schön in der Farbe. Aber das ist auch das einzige
Fertige im Bilde. Ich glaube nicht, daß es noch zur Ausstellung
kommen wird. — Und gleich nebenan ist ein anderer Künstler, Pro-
fessor Dom, der zwar ganz gewiß nicht „strikt", aber aus über-
großer Bescheidenheit seit Jahren die Oeffentlichkeit nicht aufsucht.
Und doch wäre er entschieden sehr berechtigt, derselben entgegen zu
treten, denn er ist nicht nur ein wahrer Künstler, sondern auch ein
fein gebildeter, denkender Mann, der es versteht, seinen Werken den
Stempel des Gedankens aufzudrücken, ein Vorzug, den man leider
nicht Jedem nachsagen kann, der Pinsel und Palette führt. In seinem
Atelier ist ein großer Carton „Die Kreuzesauffindung" augefangen
und ein Bild „Der reuige Judas" fast beendet, beides Werke von
großer Bedeutung.

Damit habe ich Ihnen allerdings noch nicht alle unsere „Histo-
riker" aufgeführt, allein vor der Hand läßt sich über die fehlenden
nichts sagen. Denn diejenigen von Ihnen, die nicht striken —
haben eben keine ncnnenswerthe Arbeit vor sich oder arbeiten auch
gar nicht. Wir könnten sonach ohne Aufenthalt zu unseren Genre-
malern gehen, wenn ich Ihnen nicht von einem Manne erzählen
wollte, der im Momente unsere Künstlerkreise stark beschäftigt. Es
ist dies Dr. Agathon Klemt, der — nachdem er die Carrisre
eines politischen Beamten auf den Nagel gehängt — sich ganz der
Malerei in die Arme geworfen und seine neue Laufbahn damit be-
gonnen hat, daß er ein riesiges Bild „Babylon" mit lebensgroßen
Figuren innerhalb dreier Monate auf die Leinwand warf. Daß ein
bisher dilettirender Kunstfreund kein Meisterwerk erster Größe Hin-
zaubern kann, versteht sich wohl von selbst; immerhin ist der Muth
und auch das Geschick erstaunlich, mit dem Ol'. Klemt sich an seine
kolossale Aufgabe machte. Entschiedenes Talent ist ihm nicht abzu-
sprechen, hoffen wir, daß er auch die Ausdauer haben wird, das
nachzuholen, was ihm bisher abgeht. (Forts, folgt.)

Kunst-Khromli.

crlin. Von den neuesten Erwerbungen des königlichen
Kupferstich-Kabinets ist im ersten Saal dieses Kabinets
eine Anzahl der seltensten und bedeutendsten Blätter zu
näherer Kenntnißnahme des kunstliebenden Publikums
ausgestellt. Diese zumeist sehr kostbaren Blätter stam-
men, abgesehen von einigen Einzel-Ankäufen von dem
Kunsthändler Prestel in Frankfurt a. M., aus den weithin berühmten
Sammlungen des Baron von Mecklenburg und des Marchese Du-
razzo, davon die erstere im November vorigen Jahres in Berlin,
die letztere um weniges später in Stuttgart zur Versteigerung kam.
Während jene Sammlung ausschließlich Radirungen holländischer
Meister, namentlich des 17. Jahrhunderts, enthielt, umfaßte die
Sammlung Durazzo nächst einer unvergleichlichen Fülle von Niellen
eine ebenso kostbare Fülle von Werken italienischer und deutscher
Meister des 15. und 16. Jahrhunderts. Ungeachtet beide Ver-
steigerungen eine große Anzahl von Käufern herbeizogen, und die
Preise für die hervorragenderen Blätter meist zu ungemeiner Höhe
hinaufgetrieben wurden, gelang es dennoch, besonders durch die Sen-
dung des Professors H. Weiß nach Stuttgart, die königliche Samm-
lung nach den betreffenden Richtungen hin auf das Wesentlichste zu
bereichern und zu ergänzen. — Die bedeutsamsten Bereicherungen
sind die Erwerbungen aus der Versteigerung der Sammlung Durazzo,
hierunter 13 deutsche und 25 italienische Niellen, dabei 7 von Pere-
grini mit dem Hauptwerke des Meisters, und, als nachträglich er-
worben, das bekanntermaßen nur in 3 Exemplaren vorhandene Haupt-
blatt der Niello-Kunst „die Anbetung der Könige von Tomaso Fini-
guerra". Ferner 3 Blätter von Giulio und zwei von Domenico
Campagnola; 4 von Antonio da Brescia mit dem Hauptwerke auch
dieses Meisters „Maria mit dem Christuskiude zwischen Martha
und Joseph" von wunderbarer Erhaltung; 4 Sibyllen von Baccio
Baldini im frühesten (Druck-) Zustande von großer Schönheit;
3 Blätter von Ludwig Krug; der Fahnenträger von H. S. Beham;
1 Blatt in trefflichem Abdruck von A. Hirschvogel; 12 Blätter,
darunter die Mehrzahl von äußerster Seltenheit, von L. van Leyden;
ein Prachtdruck von A. Dürer; 2 große Farbendrucke von Le Blond;
dem Erfinder des Buntdrucks. Endlich höchst geistreich behandelte
Handzeichnungen von P. Veronese, L. Cambiasi, S. Rosa, H.
Goltzius, I. Courtois u. A. — Als die demnächst bedeutendsten

Erwerbungen sind die von dem Kunsthändler Prestel zu bezeichnen,
und zwar in erster Reihe „der Kindermord" nach Raphael von
Marc Antonio Raimondi, sowie „die heilige Cäcilie" von denselben
Meistern; dazu das „Wappen mit dem Todteukopf" von A. Dürer,
und eine meisterhafte Handzeichnung, zum Theil in Sepia ausgeführt,
von A. van Velde. — Aus der Sammlung des Barons v. Mecklen-
burg endlich finden sich vor Allen als Hauptstück das Pferd von
P. Wouvermann; sodann die vollständige Folge der Thiere von
I. Fyt; sieben Blätter von R. Dujardin; 5 von C. Dusart; eins
von G. Schalken; 21 von A. van Everdingen und Blätter von
A. Verboom, W. vom Heusch, B. Breemberg, Th. Wyck, A.
van Ostade, C. Bega, R. Zeemann u. A. m. — sämmtlich aus-
gezeichnet durch Seltenheit und Vorzüglichkeit des Drucks.

— — Wie verlautet, hat zwischen dem „Verein der Kunst-
freunde" und dem „Verein Berliner Künstler" eine nähere Ver-
bindung stattgefunden. Die Ausstellung des Vereins der Kunst-
freunde soll danach vom 1. April nicht mehr im bisherigen Lokal,
Unter den Linden 21, sondern im „Vereinslokal Berliner Künstler",
Kommandantenstraße Nr. 77—79, stattfinden. Hr. Scheffer-Voit
will dem Vernehmen nach den bis zum 1. April dem Kunstverein
vermietheten Saal zur Veranstaltung von interessanten Gelegenheits-
Ausstellungen reservirt halten — eine Idee, die jedenfalls als eine
höchst glückliche bezeichnet werden muß.

— — Der Architekturmaler Emil de Cauwer ist am 31sten
v. Mts. nach längerer schmerzhafter Krankheit verstorben.

Stettin. Bei dem gegenwärtig sich vollziehenden Neubau
des Flügels des hiesigen Schlosses, in welchem sich der Remter be-
findet, wird wegen der historischen Bedeutung dieses alterthümlichen
Saals derselbe auf Anregung des dentschen Kronprinzen im obersten
Geschoß in seiner frühern Gestalt wieder hergestellt werden. Sämmt-
liche Theile des alten Saals, auch die schon halb zerstörten Balken,
werden daher sorgfältig auseinander genommen, um später bei dem
Neubau wieder eingesetzt zu werden.

Stralsund. Im Oktober vor. I. wurde von dem Provi-
sorate der St. Marienkirche eine Konkurrenz zu einem Portale an
der Marienkirche ausgeschrieben und gingen hierauf 15 Entwürfe
ein, die in der Mitte vorigen Monats einige Zeit öffentlich aus-
gestellt waren. Unter diesen 15 Entwürfen ist nunniehr von den als
 
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