Abb. 123
Tafel 38
Farbtafel 39
Tafel 41
Abb. 124
Abb. 125
Farbtafel 39
Tafel 42
Tafel 58, 59
Abb. 151-158
Die Vielfalt der bildnerischen Möglichkeiten auszumessen, betrat Kleint konsequent auch das Reich der
»Materieordnung«. Hier lassen sich Kontraste bilden, »die für den Bereich der Materie typisch sind: Ge-
gensätze wie Flüssig und Fest, Hart und Weich, Grob und Fein. Innerhalb der harten Materialien gibt es
den Gegensatz von Biegsam und Spröd (Metall/Glas).. .« 47 Damit ist auch schon die Spannweite zwischen
»Glasbildern« und »Nagelbildern« benannt.
Den äußeren Anlaß für die Entstehung des ersten Kleint’schen Glasbildes stellte der 1954 ergangene Auf-
trag für die Gestaltung fünf beidseitig zu betrachtender Zwischenwände in der damaligen Französischen
Botschaft in Saarbrücken dar. Dieses leider später zerstörte Werk zeigte mehrschichtigen Glasaufbau mit
unterschiedlichen Oberflächenstrukturen.
Vielfältig bricht sich Licht und Glas im »informellen« Glasbild »Splitter« (1954). Hier ist Glas allein die
Materie.
Das »farbige Glasbild« von 1954 weitet dann das Thema in die unauslotbare wechselseitige Begründung von
Licht und Farbe. Starkfarbiges Licht, konzentriert in Gelb, Rot, dunklem Blau, die von Grün und Blau-
grün begleitet werden, leuchtet auf und bietet sich in verschiedenen Ansichten mit wechselnder Erschei-
nung dar. Fließendes Licht wird materiell gebunden, gebunden durch Farbe und die Materie des Glases -
eine Materie, die wiederum untergeht in der Fülle der Farblichtstrahlung.
Zu je anderen Wirkungen werden Brechung und Reflex eingesetzt im »Glasbild, quadratisch« (1958): wie
klares Wasser über Kieselgrund - im »Glasbild« von 1958: ausstrahlend von der Mitte, wobei hier das qua-
drierte Ornamentglas durch Tuschezeichnung strukturiert wurde - in der »Vibration« von 1958 mit flir-
renden Mikro-Elementen.
Die beachtenswerte kunsthistorische Position der Glasbilder Kleints dokumentiert der Aufsatz von Alex-
ander Leisberg »Neue Tendenzen« in der Zeitschrift »Das Kunstwerk« von April/Mai 1961: hier erscheint
das »farbige Glasbild« von 1954 und ein weiteres Glasbild von 1959 zwischen Lucio Fontanas »Raumbe-
griff« von 1951, Almir Mavigniers »Sechs Quadraten« von 1958, Otto Pienes »Weißweiß II« von 1958/59,
Victor Vasarelys »Kinetischem Glasbild« von 1959 und Heinz Macks »Lichtrelief« von 1958/59.
Ein nicht datiertes Glasbild Kleints wurde in den Almanach »ZERO 3« von 1961 aufgenommen.
Früh schon schuf Kleint auch nagelbesetzte Bilder. Deren bildnerische Thematik ist - trotz des Grundge-
gensatzes in der »Materieordnung« - jener der Glasbilder nah verwandt: die Materialisierung eines Un-
greifbaren, das Wechselspiel von Dinghaftem und Undinglichem, die Verwandlung von Körperlichkeit in
reine Phänomenalität. In der »Malerei mit Nägeln« (datiert: 1959) erheben sich aus nebelartig grauem, von
goldbräunlichen Farbwolken belebtem und mit zarten vertikalen Streifen durchzogenem Farbgrund und
näherhin über einem »tachistisch« modulierten, annähernd ovalen Felde farbige Nägel, jeder in einem eige-
nen Farb- und Helligkeitswert gehalten, sorgfältig nach Graublau, Violett, Rotbraun und Braun differen-
ziert. Es findet sich mithin dieselbe Richtungsunterscheidung, die schon Werke wie die »Frühlingsfuge«
bestimmte, die Gegenführung von Tiefen- und Breitenerstreckung, nur mit anderen Mitteln realisiert und
in andere Relationen gebracht. Die Tiefenerstreckung wird in den Nägeln materialisiert, setzt also vor der
Bildebene ein, schafft eine eigene Raumdimension vor dieser, zugleich eine Dimension eigener Rhythmik,
da die unterschiedlichen Farb- und Helligkeitswerte der Nägel einen je anderen Ort anzeigen. Innerhalb
der Bildebene aber verklingt dieser Tiefenzug, wird aufgefangen in die unbestimmt quellende Ausbreitung
des Farbgrundes, der Richtung allein m den Vertikalstreifen gewinnt.
Auch hieran schließt sich eine Folge von Variationen an, die die Nägel, in ihrer Materialität betont, zu ver-
schiedenen Figuren zusammenfügen und sie vor unterschiedliche, schwarze, weiße, rote oder goldene
Gründe stellen.
Dem Thema der Zero-Kunst, der Veranschaulichung von »Leere« mit allen Konnotationen von Weite,
Stüle, Unendlichkeit, Licht begegnete Kleint folgerichtig auf seinem Wege, die Totalität der bildnerischen
Mittel auszumessen. Kleints seit Ende der fünfziger Jahre bis heute geschaffenen Werke ergänzen seine er-
ste, der optischen »Fülle« gewidmete Periode um deren Gegensatz, die »Leere«. Gerade die »plastischen
Bil'der« also thematisieren zugleich »Leere«. Wie ist dies möglich? Der »gemeinsame Nenner« heißt Raum.
Tafel 38
Farbtafel 39
Tafel 41
Abb. 124
Abb. 125
Farbtafel 39
Tafel 42
Tafel 58, 59
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Die Vielfalt der bildnerischen Möglichkeiten auszumessen, betrat Kleint konsequent auch das Reich der
»Materieordnung«. Hier lassen sich Kontraste bilden, »die für den Bereich der Materie typisch sind: Ge-
gensätze wie Flüssig und Fest, Hart und Weich, Grob und Fein. Innerhalb der harten Materialien gibt es
den Gegensatz von Biegsam und Spröd (Metall/Glas).. .« 47 Damit ist auch schon die Spannweite zwischen
»Glasbildern« und »Nagelbildern« benannt.
Den äußeren Anlaß für die Entstehung des ersten Kleint’schen Glasbildes stellte der 1954 ergangene Auf-
trag für die Gestaltung fünf beidseitig zu betrachtender Zwischenwände in der damaligen Französischen
Botschaft in Saarbrücken dar. Dieses leider später zerstörte Werk zeigte mehrschichtigen Glasaufbau mit
unterschiedlichen Oberflächenstrukturen.
Vielfältig bricht sich Licht und Glas im »informellen« Glasbild »Splitter« (1954). Hier ist Glas allein die
Materie.
Das »farbige Glasbild« von 1954 weitet dann das Thema in die unauslotbare wechselseitige Begründung von
Licht und Farbe. Starkfarbiges Licht, konzentriert in Gelb, Rot, dunklem Blau, die von Grün und Blau-
grün begleitet werden, leuchtet auf und bietet sich in verschiedenen Ansichten mit wechselnder Erschei-
nung dar. Fließendes Licht wird materiell gebunden, gebunden durch Farbe und die Materie des Glases -
eine Materie, die wiederum untergeht in der Fülle der Farblichtstrahlung.
Zu je anderen Wirkungen werden Brechung und Reflex eingesetzt im »Glasbild, quadratisch« (1958): wie
klares Wasser über Kieselgrund - im »Glasbild« von 1958: ausstrahlend von der Mitte, wobei hier das qua-
drierte Ornamentglas durch Tuschezeichnung strukturiert wurde - in der »Vibration« von 1958 mit flir-
renden Mikro-Elementen.
Die beachtenswerte kunsthistorische Position der Glasbilder Kleints dokumentiert der Aufsatz von Alex-
ander Leisberg »Neue Tendenzen« in der Zeitschrift »Das Kunstwerk« von April/Mai 1961: hier erscheint
das »farbige Glasbild« von 1954 und ein weiteres Glasbild von 1959 zwischen Lucio Fontanas »Raumbe-
griff« von 1951, Almir Mavigniers »Sechs Quadraten« von 1958, Otto Pienes »Weißweiß II« von 1958/59,
Victor Vasarelys »Kinetischem Glasbild« von 1959 und Heinz Macks »Lichtrelief« von 1958/59.
Ein nicht datiertes Glasbild Kleints wurde in den Almanach »ZERO 3« von 1961 aufgenommen.
Früh schon schuf Kleint auch nagelbesetzte Bilder. Deren bildnerische Thematik ist - trotz des Grundge-
gensatzes in der »Materieordnung« - jener der Glasbilder nah verwandt: die Materialisierung eines Un-
greifbaren, das Wechselspiel von Dinghaftem und Undinglichem, die Verwandlung von Körperlichkeit in
reine Phänomenalität. In der »Malerei mit Nägeln« (datiert: 1959) erheben sich aus nebelartig grauem, von
goldbräunlichen Farbwolken belebtem und mit zarten vertikalen Streifen durchzogenem Farbgrund und
näherhin über einem »tachistisch« modulierten, annähernd ovalen Felde farbige Nägel, jeder in einem eige-
nen Farb- und Helligkeitswert gehalten, sorgfältig nach Graublau, Violett, Rotbraun und Braun differen-
ziert. Es findet sich mithin dieselbe Richtungsunterscheidung, die schon Werke wie die »Frühlingsfuge«
bestimmte, die Gegenführung von Tiefen- und Breitenerstreckung, nur mit anderen Mitteln realisiert und
in andere Relationen gebracht. Die Tiefenerstreckung wird in den Nägeln materialisiert, setzt also vor der
Bildebene ein, schafft eine eigene Raumdimension vor dieser, zugleich eine Dimension eigener Rhythmik,
da die unterschiedlichen Farb- und Helligkeitswerte der Nägel einen je anderen Ort anzeigen. Innerhalb
der Bildebene aber verklingt dieser Tiefenzug, wird aufgefangen in die unbestimmt quellende Ausbreitung
des Farbgrundes, der Richtung allein m den Vertikalstreifen gewinnt.
Auch hieran schließt sich eine Folge von Variationen an, die die Nägel, in ihrer Materialität betont, zu ver-
schiedenen Figuren zusammenfügen und sie vor unterschiedliche, schwarze, weiße, rote oder goldene
Gründe stellen.
Dem Thema der Zero-Kunst, der Veranschaulichung von »Leere« mit allen Konnotationen von Weite,
Stüle, Unendlichkeit, Licht begegnete Kleint folgerichtig auf seinem Wege, die Totalität der bildnerischen
Mittel auszumessen. Kleints seit Ende der fünfziger Jahre bis heute geschaffenen Werke ergänzen seine er-
ste, der optischen »Fülle« gewidmete Periode um deren Gegensatz, die »Leere«. Gerade die »plastischen
Bil'der« also thematisieren zugleich »Leere«. Wie ist dies möglich? Der »gemeinsame Nenner« heißt Raum.