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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 8.1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.1201#0156
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Die' Italiener Pnd freilich von Anfang an und bei der Ver-
mehrung am Besten gefahren.. Sie .haben das erste Zimmer sich
bewahrt,, sind beisammen geblieben und haben keinen Fremdling unter
sich. ausgenommen. . Von den höchsten Häuptern der Kunst haben sie
kein Werk unter sich: eine Maria mit dem Kinde ist eine gute
Eopie eines Gemäldes von Raphael in der Stafford Galery zu
London; aber trefflicher Copieen finden sich noch mehrere und große
und vorzügliche Meister in ihrer Art sind auch durch vortreff-
liche Originalien vertreten. So gewährt eine alte Copie des Kir-
chenvaters Hieronymus, der in seiner rothen Cardinalkleidung
über Büchern in seiner Zelle studirt, die lebendigste und wohl-
thuendste Erinnerung an das Original von Giovanni Bellini in
der Galerie Manfrin zu Venedig: eine knieende Maria mit dem
Christuskinde und dem kleinen Johannes, die mit einem Lamme
spielen, obwohl auch nur eine Copie nach Luini, giebt nichtsdesto-
weniger ein erfreuliches Specimen der Schule Leonardo da Vinci's
ab. Aber der besten Galerieen würdig, wie denn das eine davon
auch früher der Galerie Fesch angehörte, sind zwei Originalgemälde
von Moretto: eine Madonna auf reichem Throne, den heiligen Se-
bastian und den heiligen Antonius zur Seite und Engel zu ihren
Füßen auf den Stufen desselben, und eine andere, umgeben von
Gregor, Hieronymus, Augustinus und Ambrosius, als den Haupt-
vertretern der römischen Kirche und ihrer Uebereinstimmung mit
dem Kanon der Schrift. Von ziemlich gleicher Größe, einander
gegenüber hängend, ziehen sie durch Lebendigkeit der Composition
und durch Trefflichkeit der Zeichnung und vor allem der Färbung,
die Blicke der Eintretenden auf sich. Die nächste Aufmerksamkeit
gewinnen mit Recht vorzügliche Portraits von Tintoretto, Moroni,
Pordenone, Giorgione und Sebastian del Piombo. Aber auch
Paris' Borden es, große Oelskizze zu dem Fischer, welcher dem
Dogen den Ring des heil. Marcus überreicht aus der Academie
von Venedig, ferner die Wiederholung des großen Altarblattes in
der Kirche S. Caterina zu Venedig: Vermählung der heil. Ka-
tharina mit dem Christkinde von Paul Veronese und desselben
Meisters Mars und Venus aus der Galerie Orleans, so wie D o-
minichinos von römischen Frauen gepflegter Sebastian und Jnnocenzio
da Jmola's himmelfahrende Maria werden sie verdienter Maßen
fesseln. Die Venetianische Schule tritt am reinsten und vortheil-
haftesten hervor; auch ein Canaletto bietet uns wieder von dem Do-
genpalast und der Einfahrt in den Canale grancle ein färben- und
duftumflossenes Bild, dessen Reiz zwei andere Ansichten Venedigs
in seiner Art, doch nicht von ihm selbst, in demselben Grade zu er-
reichen nicht im Stande sind. Doch auch die Umbrische Schule
des Perugino ist durch eine Maria mit dem Christuskinde, welches
der kleine Johannes anbetet, von dem Meister selbst, und durch
ein anderes Christuskind, das, auf der Erde liegend, außer von Jo-
hannes auch noch von den Eltern und zwei Engeln anbetende Ver-
ehrung empfängt, in ihrer leicht zu erkennenden Eigenthümlichkeit
anmuthig vertreten. Ja selbst an die ältere Malerweise erinnern
nebst einigen Tempcrabildern der Sienensischen Schule und des Barna-
bas von Mutina vornehmlich auch eine Verkündigung von Crivelli
und eine von kobsingenden Engeln umgebenen Maria in trono von
Fiesole, und die Maria wenigstens des Ersteren und einige der
Engel des Letzteren geben ganz die Innigkeit, Reinheit und Lieb-
lichkeit des Ausdrucks wieder, dessen diese älteren Meister vornehm-
lich mächtig waren.

Der große Saal, der sich an dieses Zinnner anschlicßt, sollte
nach den Deckenbildern deutscher Meister der Architektur, Sculptur
und Malerei, denen Philipp Veit in zwei Feldern über den Thü-
ren die Darstellung dieser Künste selbst und des unter dem Einfluß
der Religion über den Trümmern der antiken Kunst erwachenden
neuen Kunstlebens hinzugefügt hat, die altdeutsche Schule erwarten

lassen, nach den Seitenüberschriften des Katalogs überwiegend die
niederländische. Dennoch theilt auch -dieser-ihm schon-eine . Anzahl
neuerer deutscher Gemälde nebst einigen-spanischen und französischen
zu, und in der Wirklichkeit fd/eint er : Jgit ieiti^r Ärißune

dieser Sammlung sich ausbilden zu sollen. Denn kann er sich auch
den höchsten Meisterwerken aller Kunst in der Florentinischen Tri-
büne nicht zur Seite stellen, so enthält er doch neben einigen tüch-
tigen Niederländern, namentlich in Landschaft und Porträt, die be-
sten neueren Bilder, welche die Sammlung besitzt. Hier nimmt
Lessings bekanntes und mit Recht berühmtes Bild: Huß, der sich zu
Constanz vor seinen geistlichen Gegnern vertheidigt, den Mittelplatz
der Hauptwand ein. Ein ergreifend gemalter Seesturm an der
Norwegischen Küste von Achenbach zu seiner Linken harmouirt vor-
trefflich mit einer sturmbewegten Tyroler Landschaft von Zimmer-
mann aus München zu seiner Rechten; eine gebirgige Landschaft
von demselben Lessing, in welcher nicht weit von einem durch Brand
zerstörtem Hause ein getödteter Mann liegt, gleich unter dem vori-
gen, mit einer Waldlandschaft wiederum desselben, in welcher ein
heimkehrender Ritter sich des Schattens und der Ruhe freut, wäh-
rend sein Roß seinen Durst an einem Brunnen löscht. Hier hängt
endlich desselben Meisters Ezzelin Romano, den Mönche vergeblich
zur Buße zu bringen versuchen; hier ferner Beckers vom Blitz er-
schlagener Hirt; hier Gallaits Abdankung Kaiser Karl's V., eine vor-
zügliche Wiederholung des größeren für König Wilhelm H. vom
Holland gemalten Bildes von der Hand des Meisters selbst. Und
hier findet sich auch aus der spanischen Schule eine gen Himmel
fahrende Maria aus dem 17. Jahrhundert, die allerdings mit Dar-
stellungen desselben Gegenstandes von Murillo nicht wenige Aehnlich-
keiten bietet; weiter ein Seehafen bei untergehender Sonne, der der
Art des Claude Lorrain zugeschrieben wird, aber sowohl durch den.
verwandten Charakter der Seestadt, wenn auch einer niederländischen
oder nordfranzösischen, als noch mehr durch die Färbung an Cana-
letto erinnert; weiter manche Landschaft in Poussins Art und aus
seiner Schule. Ein treffliches Brustbild eines Mannes von Rom-
bouts entspricht als Pendant dem Brustbild des Malers Sebastian
Frank, einer Copie des Gemäldes von Rubens in Montpellier;
Wecnix hat das sprechende Bild eines holländischen Kaufmanns mit
einem offnen Brief in der Hand geliefert; Victors, ein Schüler von
Rembrandt, eine in der Art dieser Schule naturalistische, aber durch
Wahrheit des Ausdrucks höchst anziehende Darstellung aus der Ge-
schichte der Ruth. Heinrich Leys, ein neuerer Künstler aus Ant-
werpen, eine Szene vor einem niederländischen Wirthshause, die in.
der Szenerie bei Weitem reicher und bedeutender als ähnliche Bil-
der der alten Niederländer, in der Kraft und Treue des Farbentons
ihnen gleichkommt. Aber immer wieder werden wir auch von die-
sen Fremden auf die Deutschen zurückgeführt: einer vorzüglichen Win-
terlandfchaft von Vermeulen ist eine Mondscheinlandschaft von Mor-
genstern mit demselben weißlichen Licht als Pendant gegeben, einer
Schaafheerde von Verböckh oven eine lebendig gemalte Landschaft von
Kobell mit einer Heerde und ihrem ftöhlichen Hirtenjungen. Und
gerade in Landschaften wäre von demselben Morgenstern, von Pose u. A.
noch Manches hervorzuheben, das manchem Fremden und Aelteren
sich dreist zur Seite stellen dürfte; doch wir erwähnen nur noch
Einen, der nun auch schon fast zu den Aelteren gehört, seit beinahe
zwanzig Jahren todt, in seinem Vaterlande viel weniger noch als
er verdient gekannt und weniger noch als zu wünschen wäre ver-
breitet, in Rom, wo er sein Leben beschloß, durch die Alten ge-
nährt, denen sein Sinn verwandt war: den-Tiroler Joseph Anton
Koch, von dem drei Landschaften mit dem Opfer des Noah, mit
dem Propheten Biteaiu und mit dem Raub des Hylas, die Figuren
jedoch zumeist von anderen gemalt, hier aufbewahrt sind. Um ihrer
Naturtreue, Klarheit, Größe und Reichthum der Erfindung willen
 
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