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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 8.1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.1201#0292
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276

Ich komme zunächst cuif die Zeichnungen und Cartons älterer
Meister, deren 260 vorhanden sivd^-BLi.weitenrdie MehrzahlMhrt aus
her ebenso reichen als gewäWtenSammlüNUdesMn Wellesley in Oxford
her. Unter den italienischeir-Merstern mimnt einEntwurf Ghirlaudajo's
für sein Frescogemälde, die Geburt der Maria , in der Kirche St.
Maria Novella in Florenz, eine besonders ausgezeichnete Stelle ein.
Von drei Zeichnungen des Michelangelo gebührt der Preis einem
fast in Lebensgröße in Kreide ausgeführten Portrait seiner berühm-
ten Freundin Vittoria-Eblonna. In diesem Profil ist ein wunder-
barer Adel des Geistes ausgedrückt. Von Fra Bartolommeo be-
finden sich hier zwei geistreiche- Studien zu seinem Bilde, die Dar-
stellung im Tempel, in der Galerie zu Wien. Von Andren d.ell
Sarto muß ich das höchst reizende Bildniß eines Jünglings in
schwarzer Kreide anführen. Unter den Zeichnungen von Rafael
befinden sich einige sehr vorzügliche. Dahin gehören zwei Portraite
seiner Schwester, in derem einen sie offenbar zu einem Studium für
eine Madonna gedient hat. Sie sind von wunderbarer Reinheit
und Unschuld im Gefühl. Zunächst nenne, ich einen Entwurf in
rother Kreide zu dem Bilde, die Maria im Grünen, in der Galerie
zu Wien. Flüchtig, aber geistreich mit der Feder gemacht, ist ein
Studium zu seiner Grablegung, breit und markig aber in derselben
Weise der Entwurf zu den Hauptfiguren des Kindermords, welchen
Marcanton gestochen hat. Ein Studium zu dem in meinem zwei-
ten Bericht erwähnten Bilde der kleineren Maria mit dem Kinde
aus der Sammlung des Lord Cowper, mit dem Silberstift, gewinnt
an Interesse, weil mau Gelegenheit hat, es mit dem Bilde zu ver-
gleichen. Von Correggio befinden sich hier sechs Cartons zu den
colossalen Engeln, welche er in Fresco im Dome zu Parma ausge-
führt hat. Die Kühnheit der Motive, die Großartigkeit und Fülle
der Formen ist überraschend. Von den 24 Zeichnungen des Tizian
muß ich mich begnügen, nur einige der schönsten hervorzuheben. Ein
Concert von vier Personen, ganz in der Art des Giorgione, so daß
die Zeichnung auch früher diesem beigemessen worden ist, ein Stu-
dium zu seinem Frescobilde, ein Wunder des heiligen Antonius, in
der Scuola dieses Heiligen zu Padua, das Studium von drei Hei-
ligen zu dem großen Bilde in der päpstlichen Galerie im Vatican,
eine Landschaft von hochpoetischer Art, worin ein Mädchen mit einer
Laute, und das wunderbar meisterhafte Studium eines Buchen-
stamms mit der Feder. Von Dürer ist hier, ebenfalls mit der
Feder gezeichnet, eine Frau, welcher der Tod die Schleppe trägt,
und die Zeichnung des Varnbühler, wonach der berühmte Holz-
schnitt gemacht worden ist. Rubens ist am besten durch eine Vic-
toria, welche einen Sieger krönt, van Dhck außer andern durch
einen Carton des Herzogs von Jork als Kind, welcher sich auch auf
dem bekannten Bilde der drei Kinder in der Dresdner Galerie be-
findet, vom seltensten Naturreiz vertreten. Die 6l Zeichnungendes
Claude Lorrain aus der Sammlung des Dr. Wellesleh sind von
einer Mannigfaltigkeit und Schönheit, wie man sie wohl nie von
diesem Meister zusammen gesehen hat.

Da die englischen Maler in Wasserfarben in Deutschland zu
wenig bekannt sind, halte ich es nicht für angemessen, auf eine Be-
sprechung der einzelnen Bilder einzugehen, indem dadurch nicht, wie
bei dem bisher Berührten, vermöge der Bekanntschaft mit Gleich-
artigem, eine anschauliche Vorstellung hervorgcrufen wird.' Desto
vollständiger ist Letzteres natürlich bei den Kupferstichen und Holz-
schnitten der Fall, so daß einige Bemerkungen über,was von dieser
Art hier Dargebotene am Platze sein dürften. Verschiedene Niello-
platten, unter denen sich am meisten eine Anbetung'der Könige aus-
zeichnet, dienen als Ausgangspunkt für die Erfindung der Kupfer-
stecherkunst in Italien, zu welchen die.':Abdrucke von solchen Platten
die Veranlassung gegeben hall.'.".Eine ansehnliche Zahl solcher Ab-
drücke, unter denen wieder -eitze. Anbetung der Könige von Maso

Finiguerra, dein berühmten Goldschmidt von Florenz, der nach
Vasari zuerst solche Abdrücke gemacht, durch Umfang, Schönheit der
Arbeit und Frische des? Drucks die erster Stelle einnimmt, schließen
sich diesen zunächst wir'' BAr -.deM^MesteMflötWilWen 'Kupfer-
stecher, Baccio Baldini, sind verschiedene seiner seltensten Blätter,
und, wie fast bei allen hier allsgestellten.Kupferstich eu, in den treff-
lichsten Abdrücken vorhanden. So die sechs Triumphe des Petrarcha,
und die Krönung der Maria. Von Pollajuolo ist hier das sehr
seltne Blatt des Herkules, welcher die Giganten bekämpft. Von dem
größten Stecher des nördlichen Italiens im 15. Jahrhundert, An-
drea Mantegna, sieht man verschiedene seiner Hauptblätter. Auch
einige der-.seltnen Blätter des Francesco Francia sind hier, und
von keinem der italienischen Stecher derselben Zeit, Robetta, Ni-
colett'o da Modena, Benedetto Montagua, Nadat, Giulio
Campagnola, Zoan Andrea rc. fehlt es an Hauptblättern. Ein
reizendes Blatt 'von Altobello, vier spielende Kinder nach einer
Zeichnung des A. Mautegua, ist wahrscheinlich ein Unicum. Von
den Stechern des 16. Jahrhunderts in Italien ist vor allem Marc-
antou in. seinen berühmtesten, wie in seinen seltensten Stichen,
auf das Glänzendste vertreten. So finden sich von dem berühmten
Kindermord zwei Abdrücke mit dem, und ein Abdruck ohne das Tanneu-
bäumchen (chicot) vor. Außerdem nenne ich nur noch Gottvater,
der den Bau der Arche befiehlt, die den Leichnam Christi bewei-
nende Maria mit dem bekleideten und 'mit dem unbekleideten Arm,
das Urtheil des Paris, das so höchst seltne Martyrium des h. Lau-
rentius mit den zwei Gabeln, das Bildniß des Aretin und die drei
Dcctoren. Obwohl alle Schüler des Marcanton, Augustin Ve-
neziano, Marco di Ravenna, die Familie Ghisi, der Meister
mit dem Würfel rc. sehr gnt vertreten find, so 'ist es doch am
reichsten Giulio Bo na so ne. Unter seinen Blättern neune ich nur die
Kreuzigung und das jüngste Gericht nach Michelangelo, und die Ge-
burt Johannes des Täufers nach Pontormo.

Nicht minder glänzend sind die altdeutschen und niederländischen
Kupferstecher vertreten. Nur der treffliche Meister von 1466 ist
durch vier allerdings gute Blätter verhättnißmäßig dürftig besetzt.
In seiner ganzen Größe aber erscheint dafür Martin Schongau er,
von dem fast alle Hauptblätter vorhanden sind. Abdrücke, wie der
seines Todes der Maria, der Kreuztragung, des Christus mit der
Magdalena, findet man nur äußerst selten. Auch die meisten Haupt-
blätter'des Israel von Mecken sind vorhanden. Ein Reitertreffen
von Alard du Hameel ist wahrscheinlich ein Unicum, wenn gleich
an sich nicht von bedeutendem Kunstwerth. Albrecht Dürer, der
größte deutsche Stecher des 16. Jahrhunderts, ist fast eben so reich
wie Marcanton bedacht. Alle seine Haupiblätter, Adam und Eva,
der h. Hubertus, der Hieronymus „im Gehäuse", der Ritter Tod
und Teufel, die kleine Passion, sind in Abdrücken ersten Rangs vor-
handen. Auch seine Schüler, als die beiden Behams, Aldegrever,
Georg Pentz, Jacob Biuk rc., sind zwar nicht reich, aber doch aus-
reichend da. Von Lucas van Leyden ist die Zahl der Blätter
zwar mäßig, enthält aber fast alle seine Hauptblätter, z. B. den
Ecce homo, das Bildniß Maximilians I., in Abdrücken von der
überraschensten Kraft und Frische. Auch der so sehr seltne Eulen-
spiegel fehlt hier nicht. Die ganze, zwar in der Technik meisterhafte,
geistig aber weniger erfreuliche, niederländische Stecherschule der
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, Heinrich Golzius und seine
Zeitgenossen und Nachfolger, kann man sehr wohl kennen lernen.
So ist auch der größte italienische Stecher zu Anfang des 17. Jahr-
hunderts, Agostino Carracci, durch verschiedene seiner schönsten
Blätter, z. B. seinem Eoee homo, und der Maria mit Hierony-
j mus und Magdalena, beide nach Correggio, der Pieta nach Michel-
-angelo, sehr wohl besetzt. Dasselbe gilt von den markigen und ma-
 
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