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Eggers, Friedrich [Editor]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 8.1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.1201#0296
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dem derselbe seinem hochbetagten- Lehrer und^ Vorgänger in diesem
Amte schon seit einer Reihe von Jahren stellvertretend zur Seite
gestanden hatte, und schon früher eine besondere Klasse für den Ku-
pfer- und Stahlstich in Schwarzkunst-Mauier unter Leitung des Pro-
fessors Lüderitz errichtet worden war. Von den Lehrern der Kunst-
und Gewerkschule starb der Kupferstecher Linger am 15. Mai
dieses Jahres.

In der öffentlichen Sitzung der Akademie zur Feier des Ge-
burtsfestes Seiner Majestät des Königs am 15. October vorigen
Jahres wurde der Preis in'.der Geschichtsmalerei dem Maler Jo-
hann Adolph Paul Kießling aus Breslau, Schüler der Königlich
Sächsischen Kunstakademie zu Dresden und insbesondere des Pro-
fessors Julius Schnorr daselbst, zuerkannt. Das Accessit erhielt mit
rühmender Nennung seines Namens der Maler Karl Emil Otto
Weber aus Berlin. Von den für den Preis der Michael - Beer'-
schen Stiftung eingesandten Gemälden wurde keines genügend be-
funden. Kießling ist nach seinen neuesten Berichten bereits in Rom
in voller künstlerischer Thätigkeit.

Von den früheren Pensionären der Akademie befindet sich der
Architekt Hermann Ende gegenwärtig in Italien, der Maler-
Bert hold Woltze, der Belgien bereiset, auf der Rückkehr hieher, der
Bildhauer Moritz Schulz verblieb in Rom. — Die diesjährigen
Preisbewerbungen sind beide für die Bildhauerei bestimmt.

Die Gesammt-Zahl der Schüler der Akademie läßt sich über
100 schätzen, da nicht alle Klassenberichte vorliegen und manche
Schüler nicht immatrikulirt sind. Die Prüfungs- und Vorbereitungs-
klasse zählte 78 Theiln'ehmer, die allgemeine Zeichnenschule 100.

Ich kann indeß nicht weiter gehen, ohne eines Umstandes Er-
wähnung zu thun, der ernste Bedenken hervorruft: der zunehmenden
Vernachlässigung des Studiums der antiken Kunst. Es ist dies
weniger die Schuld der jungen Künstler, deren erregbares Gemüth
jedem Eindruck offen steht, als die Folge einer vorherrschenden Zeit-
stimmung, in der eben die Kräfte, die eine seltene Kunstblüthe her-
vorriefen, an deren Zerstörung arbeiten; gleichsam wie ein Wasser-
strahl, den ein künstlicher Druck emportreibt, in dem Moment, wo
er die Höhe erreicht, unaufhaltsam wieder herabsinkt. Die Tradition
menschlicher Geistesbildung ist nur Eine, die sich durch alle Jahr-
hunderte fortzieht. Allein da das Geschlecht immer von neuem an-
fängt, grenzt unmittelbar an das Höchste die Gefahr der Barbarei.
Die Nachwirkung des großartigen antiken Schönheitssinnes erstarb
niemals ganz, und in der Bewunderung der wieder ans Licht ge-
zogenen Kunstschätze des Alterthums erhob sich dieBlüthe der neue-
ren Kunst. Die Geringschätzung jener, die fast zur Feindschaft zu
werden droht, muß eben so nothwendig sie wieder von ihrer Höhe
herabstürzen. Ohne Zweifel ist man nicht selten in der Nachahmung
antiker Aeußerlichkeiten zu weit gegangen. Wenige Jahrzehende sind
verflossen, seit man selbst für das Denkmal Friedrichs des Großen
römische oder griechische Tracht forderte; ein Widersinn, dem ich vor
mehr als vierzig Jahren laut entgegentrat. Denn nicht nachahmen
soll die Kunst schon Vorhandenes als beschränkendes Vorbild, sondern
durchdrungen vom Geiste der Schönheit, der den antiken Meister-
werken die Vollendung gab, Neues erschaffen; wozu die gründliche
Kenntniß derselben unerläßlich ist. Die Akademie bietet hierzu
die ausreichendste Gelegenheit. Lehrstühle für Archäologie, Kunstge-
schichte, Mythologie sind errichtet, unschätzbare Sammlungen von
Originalen und Abgüssen zusammengebracht; allein eine feindselige
Strömung des Zeitgeistes verhindert deren fleißige Benutzung, wäh-
rend eine fast rabbinische Deutelei den wahrhaften Werth der Denk-
mäler mehr verdunkelt als aufhellt. Die Betrachtungen, welche sich
hier darbieten,, sind von zu ernster Wichtigkeit, um sie für jetzt
weiter zu verfolgen, so daß ich dieselben einer anderen Gelegenheit
Vorbehalte. Allein ich kann nicht umhin, an die Jünger der Kunst,

auf denen die nächste Hoffnung derselben ruht, die Aufforderung zu
richten, die dargebotene Gelegenheit gründlicher Belehrung über die
unvergängliche Wahrheit des unsterblich Schönen nicht zu vernach-
lässigen, wodurch allein alle großen Meister der Kunst zu ihrer Voll-
endung emporstiegen, und nicht einem leicht erreichbaren Naturalis-
mus sich hinzugeben, der den Gelüsten des Augenblicks genügen mag,
aber nichts Bleibendes schaffen kann.

Die vorjährige Kunstausstellung war eine der glänzendsten.
Durch die Theilnahme fast aller deutschen Kunstschulen erhub sie sich,
wie schon seit Jahren immer mehr, zu einer national deutschen, nur
daß die Nachtheile des zwar sehr ausgedehnten, allein der Beleuch-
tung ungünstigen Lokals sich fühlbar machten, was eine baldige Ab-
änderung hierin wünschen läßt. Für ausgezeichnete Werke derselben
wurden von des Königs Majestät dem Geschichtsmaler Professor-
Adolph Menzel Hieselbst und dem Landschaftsmaler A. Leu
in Düsseldorf die große goldene Medaille für Kunst, dem Bildhauer-
Ludwig Sußmann Hieselbst, dem GenremalerProfessor-Rudolph
Jordan in Düsseldorf, dem Thiermaler Friedrich Voltz in Mün-
chen, dem Geschichtsmaler- Professor Andreas Müller in Düssel-
dorf, dem Bildhauer- Professor Ernst Hähnel in Dresden, dem
Maler- Albert von Meuron in Neuenburg und dem Geschichts-
maler- Gustav Richter- in Berlin die kleine goldene Medaille Aller-
gnädigst verliehen. Der Senat der Königlichen Akademie hatte sich
auf eigenen freiwilligen Antrag von dieser Ehrenbezeugung ausge-
schlossen.

Noch andere zahlreiche Beweise der fortdauernden Allerhöchsten
Gnade ihres Königlichen Protectors empfing die Akademie in der
Vermehrung ihrer Sammlungen durch werthvolle Geschenke Seiner-
Majestät, von denen ich nur die auf der vorjährigen Kunstausstel-
lung befindlich gewesene lebensgroße Gruppe des Bildhauers Je-
richau in Kopenhagen, Adam und Eva darstellend, erwähnen will.
Auch von anderen Seiten erhielten ihre Bibliothek und ihre Samm-
lung von Kupferstichen und Handzeichnungen schätzenswerthe Be-
reicherungen, namentlich von ihren Ehren-Mitgliedern, dem Grafen
von Spiegel zum Desenberg in Halberstadt, dem Königlichen
Kammerherrn und Ober-Ccremonien-Meister Freiherrn von Still-
fried Exellenz und dem General-Direktor der Königl. Museen, Hrn.
von Olfers, so wie von der Gnade Ihrer Königlichen Hoheiten
des Prinzen und der Frau Prinzessin von Preußen.

Am 1. Januar dieses Jahres hatte die Akademie die Ehre,
dem erhabenen Prinzen zu Hochdessclben fünfzigjähriger militärischen
Dicnstjubelfeier durch eine Deputation ihres Senats, in der alle
von der Akademie vertretenen Künste vereinigt waren, ihre ehr-
furchtsvollen Glückwünsche darbringen zu dürfen, und wurde in gnä-
digster Erwiederung derselben von diesem erhabensten ihrer Ehren-
Mitglieder mit. einem Handschreiben beehrt, dessen huldvolle Aus-
drücke zu den schmeichelhaftesten Anerkennungen gehören, welche der
Akademie der Künste jemals zu Theil wurden. Gott erhalte den
König.und das Königliche Haus!

^erlitt. Die permanente Gemälde-Ausstellung von Sachse läßt
uns wiederum vier neue Bilder schauen.

Das erste: Eine Idylle von G. Flüggen in München ist schon von un-.
serm Nürnberger Berichterstatter in Nr. 20. des laufenden Jahrganges ausführ-
lich geschildert worden. Wir stimmen im Allgemeinen in das dort gespendete
Lob ein und haben die liebenswürdige Familienscene am Sonntagmorgen im
Pfarrhause mit ihrem friedlichen Zauber warm mitempfunden; nur meinen
wir, daß der Künstler der jungen.Pfarrerin mit.- ihrem Kinde, etwas' .mehr von
 
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