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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 4.1899

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Die Darmstädter Künstler-Kolonie
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https://doi.org/10.11588/diglit.6387#0144

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420

Die Darmstädter Künstler-Kolonie.

OTTILIE RODERSTEIN.

Wer sich nicht über den rohen Grundsatz
»billig und geschmacklos« erheben kann,
hat freilich ebensowenig ein Anrecht auf
die beglückende Entfaltung echter Kunst in
seinem Hause wie derjenige, welcher nur
mit theueren, überladenen Prunkstücken
»imponiren« will. Wer mit wirklich ästhe-
tischem Empfinden an die Gestaltung seines
Heimes herantritt, dem muss es doch eine
besondere Freude bereiten, in Verbindung
mit einem selbständig schaffenden Künstler
Räume und Möbel zu entwickeln, in denen

seine Individualität, sein
persönliches Wesen und
Fühlen sich in intimer
und diskreter Weise aus-
spricht. Das ist ja ge-
rade der Zauber gedie-
gener alter Familienstücke
aus der Zeit des Rokoko-,
des Empire- oder des
»Biedermaier-Stiles«, dass
sie persönlich zu uns
sprechen, dass wir eine
verwandte Seele in ihren
Formen wieder zu er-
kennen glauben und noch
einen Hauch empfinden
aus der »guten alten Zeit«,
als der «Grossvater die
Grossmutter nahm«. Wa-
rum zögern wir also auf
die gute alte Weise zu-
rückzugreifen und unse-
ren Hausrath nach künst-
lerischen Intentionen zu
einem persönlichen, ka-
raktervollem Ganzen zu
formen, das nur einmal
vorhanden ist und Kind
und Kindeskindern noch
als ein ausdrucksvolles
Zeugniss unseres Empfin-
dens und Wesens theuer
sein wird? — Ohne uns
hier noch weiter auf die
Erörterung dieser Frage
einlassen zu können, sei
nur noch bemerkt, dass
die durch die Munifizenz
Sr. Königl. Hoheit des Grossherzogs zustande
gekommene Künstler-Kolonie nunmehr auch
den mässig bemittelten gebildeten Deutschen
in den Stand setzt, sich seinem persönlichen
Empfinden entsprechend mit künstlerischer
Intimität einzurichten, und wir zweifeln nicht,
dass diese hochherzige That des Landesherrn
Stadt und Land dauernd zum Segen ge-
reichen, dass Darmstadt in die Reihe der
deutschen Kunststädte einrücken wird.

Der Schwerpunkt der Künstler-Kolonie
beruht, vom Standpunkte des öffentlichen

Oelpemälde.
 
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