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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 6.1900

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Heft 8 (Mai)
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Darmstädter Künstler-Kolonie. Die Grundstein-Legung des Künstler-Hauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.6696#0073

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der Grossherzog mit so seltenem Scharfblicke
getroffen hat, eine gewisse Garantie für das
Gelingen erblicken zu dürfen. Wie ernst
und wie weit die Künstler ihre Aufgabe
auffassen, das mag u. a. aus den Aus-
führungen einzelner Mitglieder der Kolonie
erhellen, welche wir auf diesen Blättern
ebenfalls zum Abdruck bringen.

Was die Lage des Ernst-Ludwigs-Hauses
sowie der für 1901 in Aussicht genommenen
und finanziell bereits gesicherten Ausstellung
anlangt, so sei bemerkt, dass die Mathilden-
Höhe ein von der Vermögens-Verwaltung
des Grossherzoglichen Hauses aufgehobener
Park ist, im Nord-Osten der Stadt auf einem
Hügel belegen. Hier erhebt sich bereits
die vom Kaiser von Russland gestiftete
»Griechiche Kapelle« mit ihren kleinen, ver-
goldeten Kuppeln, sowie mehrere Villen
modernen Stiles von hervorragenden Archi-
tekten (Wallot, Hofmann, Messel etc.), zu
denen sich bald noch andere gesellen werden.
Zwischen diesen wird sich die Wohn- und
Arbeits-Stätte sowie die Ausstellung der
Künstler-Kolonie ausdehnen, wie aus der
Situations-Skizze auf S. 366 ersichtlich. —

Auf diesem Plane sind auch die für die
Ausstellung 1901 vorgesehenen Bauten an-
gedeutet: die Halle für die Gemälde- und
Skulpturen-Ausstellung■, zu welcher beson-
dere Einladungen an eine kleine Anzahl
hervorragendster Künstler des In- und Aus-
landes ergehen werden, die Restaurations-
und Vergnügungs-Plätze, Haupt-Eingang etc.,
worüber der Aufsatz von Olbrich auf S. 366
nähere Erläuterungen gibt. Mit besonderem
Nachdrucke sei jedoch darauf hingewiesen,

dass die Häuser, welche die Künstler später
selbst bewohnen werden, mit voller Einrich-
tung bis in's kleinste den wesentlichen Theil
der Ausstellung darstellen. Darin liegt das
Neue, das Bedeutende, das Ueberzeugende
dieser Ausstellung, die mit dem frostigen
Jahrmarkts-Karakter bricht und eine Kunst
darbieten wird, die aus dem Leben hervor-
gegangen ist und dem Leben dienen, das
Leben verklären soll!

Die Künstler - Kolonie wollte jedoch
ihren ersten Ehren-Tag nicht nur mit Ver-
sprechungen und Ankündigungen begehen;
sie wollte wenigstens dem Kreise der Fest-
Theilnehmer Gelegenheit geben, Thaten zu
sehen. Zu diesem Zwecke veranstaltete sie
eine Ausstellung des Empfangs-Zimmers,
durch welches sie auf der Pariser Welt-
Ausstellung vertreten sein wird. Das Zimmer
war in den Räumen der ausführenden Firma,
Julius Gluckert, Hof-Möbelfabrik, vollständig
montirt, und mit allen Details der Aus-
schmückung ausgestattet. Die Pläne des
Gesammt-Aufbaues rühren von Olbrich her,
an den Einzelheiten der Ausstattung sind
jedoch sämmtliche Künstler mit besten Ar-
beiten betheiligt. Das Zimmer machte in
der That einen glänzenden Eindruck und
es gereicht uns zur Genugthuung, dasselbe
in unserem ersten Welt-Ausstellungs-Hefte,
welches bereits im Juni erscheint, in zahl-
reichen Abbildungen vorführen zu können.

Möge es den Künstlern gelingen, den
grossen Erwartungen, welche sowohl ihr
erlauchter Protektor wie die ganze Kunst-
welt auf ihre Thätigkeit setzt, auch fernerhin
vollauf gerecht zu werden!
 
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