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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 6.1900

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Heft 10 (Juli)
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Morawe, Christian Ferdinand: Die Künstler-Kolonie auf der Welt-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6696#0224

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496

Chr. F. Morawc- -Darmstadt:

FRANZ METZNER—BERLIN.

tragen und lässt sich durchaus nicht stören,
dass das Ding zu den japanischen Holz-
schnitten an unserer Wand und dem elek-
trischen Licht über unserem Tisch eigentlich
gar nicht stimmt mit seinen im Grunde
schrecklichen Beschlägen und seiner Formen-
sprache einer Kunst nicht verstehenden Zeit.
Olbrich hat nun derartige Kästlein wieder
aufleben lassen, in seiner Form, in seiner
Sprache, die so ganz den uralten Zweck zu
erfüllen bestimmt und geeignet sind, und die
so zeitgemäss uns zum Bewusstsein bringen,
dass wir nicht recht thun, auch nur das
Unscheinbarste gedankenlos als »Nebensache«
zu betrachten. In wiederum fünfzig Jahren
wird das wahrscheinlich allerdings wieder
der Fall sein, aber wir können uns mit dem
stolzen Bewusstsein ins Grab legen, dass wir
zeitgemäss zur Gegenwart gesprochen haben
— und gerechte Enkel werden das auch
wieder anerkennen, mag dann Geschmack
und Kunst auch abermals verflacht sein,

oder eine neue Rich-
tung eingeschlagen
haben. — Im Geiste
der Gegenwart im all-
gemeinen und im
Geiste der Eigenart
gerade ihrer Darm-
städter Gruppe haben
die übrigen Künstler
das Ihre beigetragen,
den Raum völlig aus-
zugestalten, zu beleben,
wie es seinem Karak-
ter noth thut. Wäh-
rend wir den Eintritt
des Hausherrn erwar-
ten, greifen wir nach
einem Buch, die Hülle
(von Huber u. A.) ent-
spricht dem gediege-
nen Inhalt, gross an-
gelegtes Linien-Orna-
ment zieht sich über
das Leder, und ist
Handarbeit unserer bes-
ten Buchbindereien, wie
z. B. ein von W. Collin
in Berlin ausgeführter
für die »Deutsche Kunst und Dekoration«
bestimmter Buch - Umschlag von Behrens.
Unwillkürlich denkt man an die herrlichen
Bindereien aus früheren, längst vergangenen
Zeiten, und fragt sich, warum hat man
es nicht immer so gehalten, die Bücher
nicht nur zeitgemäss, sondern auch künst-
lerisch werthvoll zu binden! Die ganze
künstlerische Oede des sozial nivellirenden
neunzehnten Jahrhunderts kommt uns da
so recht zum Bewusstsein. Beim Plaudern
dann fällt unser Blick auf Habich's kleine
Bronzen. Immer wieder zieht uns das »in
den Raum passen« an, kein kolossaler
Hermeskopf drückt uns mit seinem gipsernen
Weiss zu Boden, nein, kleine Dingerchen
tauchen da und dort auf, aus edlem Metall,
das die uns umgebenden Tonwerthe abrundet,
in ihnen aufgeht; der Ausdruck künstlerischen
Empfindens. Das bleibt die Hauptsache.
Ehedem, oder jetzt immer noch bei Leuten,
bei denen man es nicht erwartet, stehen die

Porträt-Büste.
 
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