Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten (6.1900)

Die Künstler-Kolonie auf der Welt-Ausstellung.

497

Büsten des Hermes, der Diana, der Milo
und des Apollo auf Säulen, auf kannelirten
schwarz glänzenden Säulen, die schrecklich!
mit einem fransenbesetzten Stück Plüsch
»drapirt« ihren Platz gar oft neben der Thür
haben, die man natürlich viel zu passiren hat.
Wer hat da nicht schon manchmal in Sorge
geschwebt: wirst du den Gipsgott auch nicht
umstossen? Die Befürchtung ist gar wohl
berechtigt, denn nie steht die Wucht des
Götterhauptes mit der Bodensicherheit des
Postaments in Zusammenhang, in wohlab-
gewägtem Gleichgewicht. Ein Blick auf
unsere Abbildungen zeigt, wie hier diese
höchst delikaten Fragen entsprechend delikat
gelöst sind. Endlich, endlich eine Befreiung
aus dem selbst von van de Velde nicht
überwundenen Bann der Säule und des
hermenartigen Postaments.

Schmuck liegt im Glasschrank (von
Behrens), daneben zierliche Emailarbeiten
(von Christiansen), Ziergefässe blinken durch

die Scheiben, Alles ruhig, formeneinfach,
manches mit ausgesprochen persönlicher Be-
stimmung, wie z. B. der Frauenschmuck,
dessen Auffassung eine Oase ist in der Zeit
des fabrikmässigen Massenbetriebs. Es thut
wohl, zu wissen, dass wir wieder im Begriff
stehen, den Schmuck (wie die Kleidung
überhaupt) dem Individuum, dem zu tragen
er bestimmt ist, anzupassen. Nicht nur, dass
der Künstler sich selbst ausspricht in seinen
Formen, er spricht auch für die Trägerin
der Kleinodien — und entsprächen sie im
Material noch so bescheidenen Verhältnissen.

Bürck hat sich der Wand-Teppiche und
einiger Applikationen angenommen, die Frau
Käthe Steiner in Freiburg i. Br. ausgeführt,
Bosselt hat dargethan, wie gut man Plaketten
als Wandschmuck verwenden kann, auch er
hat Frauenschmuck beigesteuert, durchaus
persönliches gebende Ideen. Und gleichfalls
von ihm stammt eine andere ausgezeichnete
Arbeit, das getriebene Zifferblatt und die