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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 6.1900

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Heft 8 (Mai)
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Die Einweihung des Künstlerhauses in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.6696#0127

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Einiveihung des Münchener Künstlerhauses. — Lex Heinzc.

welche das Auftragen jedes der zehn Gänge
des Mahles vorbereiteten, die auserlesenen
Weine und das gänzliche Fehlen jeglicher
Tischreden, das alles im Verein mit den
auf's vornehmste geschmückten Tafeln, den
abwechselungsreichen Gesängen, der für
jeden Gang besonders ausgewälten Tafel-
musik hat den Künstlern zur höchsten Ehre,
den Gästen zur höchsten Freude gereicht —
und wenn das Entrücken in eine andere
Welt durch die Vereinigung, das Zusammen-
klingen vieler Kräfte und vielen Humors
auch nur dies eine Mal zur abgeklärten
Wirklichkeit geworden wäre — schon dann
hätte der Saal seinen Zweck erfüllt.

Die nothwendigen offiziellen Reden
waren tagsvorher gehalten worden, als der
Baumeister und die Hausherren den Hof
empfingen — beim Bankett selbst wechselten
nur Franz von Lenbach und Prinz Rupprecht
kurze Worte zum Wunsch des Wohlergehns
des Regenten und der Münchener Künstler-
schaft. Dagegen trat ein anderer Redner
auf: ein Schalk, ein Narr in farbigem Ge-
wand, der begleitete mit seinen eigenen
Versen und Sprüchen immer das Erscheinen
eines jeden Schaugerichts. Und ein aus-
gemachter Witzbold war's, der Goldschmied
Heiden, dem die Künstler auch sonst
manche heitere Stunde verdanken; auch
heute hatte er die Lacher auf seiner Seite.

Zwischendurch ertönten von den Gale-
rien Kinder-Stimmen, Männer-Chöre, und alte
gute Musik erklang aus schönen alten In-
strumenten, Rossini, Gluck u. A. hörte, das
entzückte Ohr. Dann bewegte sich ein Zug
singender Frauen durch den Saal, den Ehren-
gästen in schönen Bechern den Ehrenwein
zu reichen, des Baumeisters und des grossen
Mitschöpfers Haupt bekränzte man mit Lor-
beer, und die Harmonie, die Stimmung, die
über dem ganzen Feste lag, hielt an, bis
Abends die Lichter erloschen, und eine
Künstlerfeier zu Ende ging, wie sie vielleicht
nur München zu veranstalten vermag, wie
sie aber gleich prunkvoll und herrlich nie
vorher möglich war, weil bisher das eine
Wichtige gefehlt hat, der in königlicher
Pracht strahlende Fest-Saal — und dem
Fest-Saal das Haus. Jetzt hat München und

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seine Künstler Beides — mögen sie in
Eintracht und gegenseitigem Vertrauen sich
des Hauses und seines Kleinods freuen, und
im Wiedererwecken alter Kunst uns neuen
Muth geben zu unentwegtem Vorwärts-
streben, dass wir in unserer Zeit gleich
Schönes und Unvergängliches zu schaffen
vermögen. M.

LEX HEINZE. Die famosen »Lfunst-
__j Paragraphen« scheinen — wenn nicht
alle Zeichen trügen — aussichtslos geworden
zu sein. So etwas wie ein verstecktes Scham-
gefühl hat denn doch wohl die maassgeben-
den Stellen ergriffen, die bisher den kultur-
feindlichen Elementen aus irgend welchen
politischen Gründen glaubten Nachgiebigkeit
erweisen zu sollen. Wie könnte es auch
anders sein, nachdem eine so imposante, ein-
müthige Protest-Bewegung das ganze Reich
durchbraust und auch im Auslande Wider-
hall gefunden hatte! Das grösste Verdienst
darf sich wohl der neubegründete »Goethe-
Bund« zuschreiben, wenn die Paragraphen
wirklich von der Bildfläche verschwinden
sollten, indem es ihm gelungen ist, in seinen
Versammlungen zu Berlin und München
darzuthun, dass die ganze Intelligenz des
deutschen Volkes einig ist in der Empörung
und im Widerstande gegen diese lichtscheuen
Tendenzen und dass der Regierung, wenn
sie diesen nachgäbe, nur eine Gefolgschaft
zur Seite stünde, auf die sie nur sehr, sehr
wenig stolz sein könnte.

Wir unsererseits würden freudig Ab-
schied nehmen von einem Thema, das man
nur mit Widerwille behandeln kann. Ganz
abgesehen von allem anderen, ist es doch
auch ein betrübendes Zeichen, dass die Ver-
tretung des Deutschen Volkes Zeit findet
für solche Erörterungen, jetzt, wo so manche
grosse nationale Aufgabe ihrer Lösung harrt!
Was könnte dem Ansehen der parlamen-
tarischen Institutionen mehr schaden, als
wenn geradezu vorsätzlich die führenden
Geister des Volkes vor den Kopf gestossen
und mit Misstrauen erfüllt werden! Wir
glauben daher, dass es ebenso sehr im
Interesse des Reichstages als in dem der
Kunst liegt, wenn die »Lex Heinze« so bald
 
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