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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 6.1900

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Heft 8 (Mai)
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Behrens, Peter: Die Dekoration der Bühne
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https://doi.org/10.11588/diglit.6696#0119

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Die Dekoration der Bühne.

401

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PIE PERORATION PER BOHNE.

Bei der Betrachtung des Verhältnisses
sämmtlicher Künste zueinander erweist
sich die bildende Kunst als die am weitesten
in kultureller Beziehung vorgeschrittene, be-
sonders die Malerei kann sich rühmen, den
ersten Anstoss zu der Entwickelung eines
neuen, unseren Empfindungen angepassten,
Styls gegeben zu haben; ihr schlössen sich
an die Architektur und die Skulptur. Seit
neuerer Zeit treten auch in der Dichtkunst
die Bestrebungen zu Tage, auch dem Drama
wieder nach langer Zeit des aufrichtigsten
Naturalismus die stilistische Höhe früherer
glanzvoller Zeiten zu geben. So ist es die
natürliche Konsequenz, dass die bildende
Kunst am heissesten den Wunsch empfindet,
die Bühne mit neuem Geiste zu beleben und
in ganzer Bereitwilligkeit dem grossen Ziele
ihren Dienst anbietet, das Theater wieder
dem Zweck entgegenzuführen, dessen Sinn
die Griechen wohl verstanden hatten, den
auch Goethe verlangte: des Kultus des
Schönen und des vorbildlichen Geschmackes.

Das Schauspiel-Haus ist in unserer Zeit
mehr und mehr eine Stätte für Unterhaltung
geworden. Dadurch, dass die Musik über-
haupt nicht wirklich naturalistisch werden
kann, ist die Oper noch am meisten im
Reiche der Kunst geblieben, und so erleben

wir denn auch das Beste, was unsere Zeit
zu zeigen vermag in Bayreuth. Hier ist kein
Mittel vernachlässigt und kein Bemühen ge-
spart worden, um den Ernst und die Grösse
des Werkes zum Ausdruck zu bringen. Man
wird behaupten können, dass hier in der
Dekoration, den Kostümen und durch Maschi-
nerien das geleistet ist, was in dieser Richtung
kaum mehr übertroffen werden kann: die
Natur fast selbst vor die Augen zu täuschen.
Eine bedeutende Leistung unserer modernen
Technik und der geschickten Hände der
Maler! Aber mir scheint nun gerade diese
Höhe des Dekorations-Wesens, die wir dort
erblicken, und die allen anderen Theatern
als leuchtendes Vorbild dient, in Wirklichkeit
die Höhe einer ästhetischen Unkultur zu
sein. Die Umgebung des, durch Personen
dargestellten und in musikalische und rhyth-
mische Form gekleideten Vorganges auf der
Bühne hat künstlerische Gestaltung, das ist,
die für den Vorgang entsprechende, durch
den menschlichen Geist angepasste und ver-
edelte Form, nämlich Stil, zu haben. Die
als wahre Natur wirkende Umgebung auf
der Bühne muss mit der anderen, wirklichen
Kunst im Stücke disharmoniren. Abgesehen
davon, dass durch das Prinzip auf der Bühne,
den Zuschauer in die Natur zu versetzen,
 
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