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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 6.1900

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Heft 8 (Mai)
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Schliepmann, Hans: Von altem und neuem Flach-Ornament, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6696#0104

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386

Hans Schliepmann :

hans christiansen.

VoN altem unp neuem

fiach - ornament. )

Vor einiger Zeit fand ich in einem der be-
kanntesten Berliner Kunstsalons ein etwa
taschentuch- bis serviettengrosses blaugrünes
Teppichlein all erneuester Stilrichtung, wie
dergleichen jetzt namentlich in Scherrebek
gewebt wird. Es war noch nicht einmal
ein Schiff lein darauf, wie's jetzt modern ist,
als weisser Fleck in übergross abgetrepptem
Umriss, oder ein steifhalsiger Schwan, das
Symbol der Jüngsten, sondern zeigte nur einige

*) Es möge in diesem Hefte auch einer der ersten
und kühnsten Vorkämpfer der neuen Kunstweise zu Worte
kommen. In seiner bekannten Unerbittlichkeit zeigt er
uns, welche Auswüchse und Entartungen die »Moderne«
in den grossen »Centren« bereits entwickelt hat und legt
hiermit unwiderleglich dar, wie werthvoll und heilsam eine
»für sich« in der Stille schaffende Künstler - Gemeinde
gerade jetzt ist. Die Redaktion.

handfeste Aepfel mit Kraut.
Die Herstellungsweise sehr
erfreulich; die Wirkung für
den, dem ein Solo-Posaunen-
Fortissimo lieber ist als ein
Lied mit Begleitung, durch-
aus anerkennenswerth. Und
dass es etwas Neues war,
wirklich nichts Nachkopirtes,
war gar nicht zu leugnen.
Entschieden waren da wenig-
stens Ansätze zu einer eigen-
artigen Dekorationsweise, ein
Bruch mit der ewigen Stil-
manscherei. Aber das Ding-
lein kostete mehrere Gold-
füchse und hatte das unge-
wöhnliche Pech, neben einem
wundervollen viermal so
grossen persischen Teppich
zu liegen, der kaum doppelt
so theuer war und durch

lachende Farben-Pracht,
fröhlichen Formenreichthum
und harmonische Flächen-
wirkung den armen moder-
nen Gernegross stillschwei-
gend zu Tode ironisirte. —
Das kleine Erlebniss ist mir
sehr zu Herzen gegangen, und ich habe seit
dieser Zeit einmal wieder Umschau zu halten
gesucht, mit Augen, die ihre Sehnsucht nach
neuer und ihre Vorliebe für neue Kunst nicht
aufgeben, die aber doch darüber auch nicht
vergessen sollten, an der vergangenen Kunst
zu messen, nicht an deren einzelnen Werken,
sondern an dem Grossenverhältniss zwischen
Wollen und Können in der Gesammtheit
ihrer Schöpfungen. Und als einer, der sonst
stets für die Jugend in der Kunst eingetreten
ist, darf ich mir vielleicht nun auch einmal
das Herz erleichtern, indem ich von einigen
Unarten spreche, in die unsere neue, ja nun
wirklich aufblühende Kunst zu verfallen
droht. Ein Tadel kann sie nicht mehr im
Wachsthum zurückdrängen; dazu ward sie
bereits zu stark; aber da sie bereits beginnt,
»Mode« zu werden, so kann ihr's nur nützen,
wenn man sie vorm Fexenthum zu bewahren
sucht. Die Sprünge des Genies soll man

Pastell-Studie.
 
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