Das Hamburger Bismarck-Denkmal.
BRUNO PAUL—MÜNCHEN.
Bettstelle in grau Ahorn mit reicher Intarsia.
Ausführung:: Vereinigte Werkstätten für Kunst im Handwerk—München.
an notwendige Denkmals - Aufgaben, kein Aut-
nehmen laut schreiender Probleme. Hildebrandt
ist ein wundervoller Klassizist, Wrba mag hoch-
begabt sein — aber was bedeuten diese Alle
und viele Andere unserer Zeit gegenüber ? Er-
ledigtes Epigonentum, Spielereien, im besten Falle
Versuche und gutes Wollen. Klingers Beethoven
die einzige Tat in einem Jahrzehnt; und nun
der Hamburger Bismarck.
Rückwärts geschaut: es ist ungeheuerlich kühn,
was Lederer wollte; es ist ganz unglaublich über-
raschend, was er erreicht hat. Man denke sich
die Aufgabe, vor der er stand:
In einer Zeit, die noch viel zu nahe liegt
der Persönlichkeit eines Bismarck; in einer Zeit,
da noch kein Geschichtsschreiber den Mann um-
fassend erkannt, da Bismarcks Gestalt geschicht-
lich eher verworrener gemacht erscheint; in einer
Zeit, da kaum ein deutscher Geist diese Er-
scheinung in allen ihren Werken verdaut hat, sie
einstellen kann in die Jahrhunderte, sie abzuschätzen
vermag für die Entwicklung; in einer Zeit, da
noch kein Dichter auch nur gewagt, ihn zu ge-
stalten, da die Kunst aller Gebiete zu schwach
ist für Monumentalwerke, da Kunst und Dichtung*-'
1907. IL 3.
so zurück ist wie nie und Geschichte und Kultur
praktisch so voran eilt wie nie — es hat ja noch
kein Dichter den alten Fritzen erreicht, ge-
schweige denn 1813 oder gar 1870 — was ist
denn aus den letzten großen Zeiten geblieben
außer dem Kutschkelied — allenfalls hat de-
skriptive Malerei versucht, Einiges festzuhalten.
In einer Zeit, da Menschen und Künstler
zu klein sind, weil die unendlich schwere
Zeit sie niederhält: hat Lederer groß und
kühn dem deutschen Volk einen Bismarck ge-
geben, der auf lange Zeit »der« Bismarck sein
wird, wie »das« Denkmal der Zeit bleiben wird.
Nach dem sonst so prachtvollen »Fechter« war
diese Größe nicht zu erwarten. Das Genie hat
wieder einmal im kühnen Traum gefunden,
visionär gefunden, was der suchende Geist bewußt
nur anbahnen kann. Und die Plastik, diese grade
heute rückständigste aller Künste, hat gut gemacht,
was sie seit Generationen schuldig blieb.
Worin liegt die Schwere der Aufgabe und
worin die Größe der Lösung?
Allüberall bleibt fast Alles im Stoff, in der Auf-
gabe, in der Zeit, in den niederen Regionen
des Lebens, der Kunst, der geistigen Entwick-
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BRUNO PAUL—MÜNCHEN.
Bettstelle in grau Ahorn mit reicher Intarsia.
Ausführung:: Vereinigte Werkstätten für Kunst im Handwerk—München.
an notwendige Denkmals - Aufgaben, kein Aut-
nehmen laut schreiender Probleme. Hildebrandt
ist ein wundervoller Klassizist, Wrba mag hoch-
begabt sein — aber was bedeuten diese Alle
und viele Andere unserer Zeit gegenüber ? Er-
ledigtes Epigonentum, Spielereien, im besten Falle
Versuche und gutes Wollen. Klingers Beethoven
die einzige Tat in einem Jahrzehnt; und nun
der Hamburger Bismarck.
Rückwärts geschaut: es ist ungeheuerlich kühn,
was Lederer wollte; es ist ganz unglaublich über-
raschend, was er erreicht hat. Man denke sich
die Aufgabe, vor der er stand:
In einer Zeit, die noch viel zu nahe liegt
der Persönlichkeit eines Bismarck; in einer Zeit,
da noch kein Geschichtsschreiber den Mann um-
fassend erkannt, da Bismarcks Gestalt geschicht-
lich eher verworrener gemacht erscheint; in einer
Zeit, da kaum ein deutscher Geist diese Er-
scheinung in allen ihren Werken verdaut hat, sie
einstellen kann in die Jahrhunderte, sie abzuschätzen
vermag für die Entwicklung; in einer Zeit, da
noch kein Dichter auch nur gewagt, ihn zu ge-
stalten, da die Kunst aller Gebiete zu schwach
ist für Monumentalwerke, da Kunst und Dichtung*-'
1907. IL 3.
so zurück ist wie nie und Geschichte und Kultur
praktisch so voran eilt wie nie — es hat ja noch
kein Dichter den alten Fritzen erreicht, ge-
schweige denn 1813 oder gar 1870 — was ist
denn aus den letzten großen Zeiten geblieben
außer dem Kutschkelied — allenfalls hat de-
skriptive Malerei versucht, Einiges festzuhalten.
In einer Zeit, da Menschen und Künstler
zu klein sind, weil die unendlich schwere
Zeit sie niederhält: hat Lederer groß und
kühn dem deutschen Volk einen Bismarck ge-
geben, der auf lange Zeit »der« Bismarck sein
wird, wie »das« Denkmal der Zeit bleiben wird.
Nach dem sonst so prachtvollen »Fechter« war
diese Größe nicht zu erwarten. Das Genie hat
wieder einmal im kühnen Traum gefunden,
visionär gefunden, was der suchende Geist bewußt
nur anbahnen kann. Und die Plastik, diese grade
heute rückständigste aller Künste, hat gut gemacht,
was sie seit Generationen schuldig blieb.
Worin liegt die Schwere der Aufgabe und
worin die Größe der Lösung?
Allüberall bleibt fast Alles im Stoff, in der Auf-
gabe, in der Zeit, in den niederen Regionen
des Lebens, der Kunst, der geistigen Entwick-
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