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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 19.1906-1907

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Michel, Wilhelm: Künstlerische Plakate
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https://doi.org/10.11588/diglit.9554#0401
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Wilhelm Michel—München :

TH. TH. HEINE—MÜNCHEN. Druck: Vereinigte Druckereien

vorm. Schön 8t Maison—München.

so den barbarischen Feind mit seinen eigenen
Waffen zu schlagen. Oder er kann auf eine
Konkurrenz mit dem Gegner von vornherein
verzichten und durch eine hier nicht er-
wartete Vornehmheit der Farben-Zusammen-
stellung das Auge des Vorübergehenden an-
zuziehen suchen. Beide Wege sind künst-
lerisch einwandfrei und zulässig, und auf
beiden sind unsere Künstler zu schönen Re-
sultaten gelangt. In der Regel werden sie
freilich den letzteren wählen, weil er dem
verfeinerten Farbenempfinden unserer Zeit
näher liegt. Er ist daher auch der leichtere,
denn er beansprucht weniger ausgesprochen
plakatistisches Denken als der andere. Was
diesen anderen Weg anlangt, das Über-
bieten der grellen, wahllosen Farbenhäufung
durch noch stärkere, sensationellere Zu-
sammenstellungen, so kann er nur bei streng
disziplinierter, den einzigartigen Bedingungen
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des Gegenstandes angepaßter Arbeit zum
Ziele führen. Vorzügliche Anregungen hat
in dieser Hinsicht der jetzt in Paris, früher
in München tätige Holzschnittkünstler Ernst
Neumann gegeben, Anregungen, die leider
einen wenig fruchtbaren Boden fanden, so
daß seine im höchsten Grade sensationellen,
mit allen Mitteln der Verblüffung arbeitenden
Plakatschöpfungen heute noch nicht über-
boten sind.

Die farbige Erscheinung des Plakates
hat den Zweck, das Auge des Passanten
anzuziehen. Zugleich aber muß es auch eine
Beziehung auf die Ware oder das Geschäfts-
haus enthalten, worauf es den Vorüber-
gehenden aufmerksam machen will. Zur
Lösung dieser Aufgabe hat sich das ältere
Plakat bekanntlich der verschiedensten Mittel
bedient, die nur das Eine gemein hatten,
daß sie sich durch klägliche Geschmack-
losigkeit und recht geringe Wirkung aus-
zeichneten. Der Geschäftsmann, dessen Ge-
danke begreiflicherweise am Gegenständ-
lichen klebt, hielt sich am besten bedient,
wenn das Plakat eine möglichst getreue
Nachbildung seiner Ware oder gar seiner
Verkaufsräume enthielt. Da sah man Riesen-

MÜNCHNER

ENTWORFEN VON ERNST STERN—BERLIN. •
 
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