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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 20.1907

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Kesser, Hermann: Neue Schweizer Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.9555#0286
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Hermann Kesser—Zürich:



matiker geblieben sind. Und ihnen sind
neun Zehntel aller impressionistischen
Meister beizuzählen. Auch in Ferdinand
Hodler lebt ein starker Problematiker,
auch von seinen Werken ist die Mehrzahl
nichts anderes als gemalte Mathematik,
Proben auf das Prinzip des Linien-Paral-
lelismus und die Gesetze der kompositio-
nellen Harmonie. Hodler müßte nicht in
einer Zeit schaffen, die Jahrzehnte lang
nichts anderes wie künstlerische Probleme,
technische Probleme — handwerkliche
Probleme zum Gegenstand des Künstler-
fleißes gemacht hat, um nicht wie die
anderen seine künstlerische Erfindungs-
gabe und Fruchtbarkeit der theoreti-
sierenden und spintisierenden Malerei zu
opfern. Nur so ist es zu erklären, daß
auf vielen seiner Werke sein Stilprinzip
mit einer Absichtlichkeit durchgeführt ist,

bei der die Schönheit vergewaltigt wird,
und daß vielen seiner Werke, weil sie weit
mehr Kundgebungen für seine theoretische
Nachdenklichkeit, als für seinen Ausdrucks-
reichtum sind, etwas Kaltes und Überlegen-
Brutales anhaftet. Man braucht für diese
Eigenschaften nicht die Worte herb und
keusch zu wählen. Künstler, die ohne
lächerlich zu werden, ihre Formensprache
geradezu zur Brutalität steigern können,
wie Ferdinand Hodler, geben auch in
solchen Werken immer noch Proben
höchster künstlerischer Kraft und es zeugt
von nichts anderem, als von Kraft-Über-
schuß, wenn übertriebene Formen ent-
stehen.

Hodler (dessen Werk im Febr.-Heft 1906
der D. K. u. D. als erste große »Sonder-
publikation« vorgeführt wurde) beweist

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