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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 20.1907

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Kesser, Hermann: Neue Schweizer Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.9555#0290
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Neue Schweizer Malerei.

EDUARD STIEFEL—ZÜRICH.

Hohentwiel.

bei ihrer Hochgebirgs - Malerei nie viel
über den Dekorationsmaler hinauskamen.
Was aber später Hodler und seine Schule,
was die Cardinaux, Linck, Boß und Buri,
was noch ein rechtschaffenes Dutzend
anderer Schweizer Künstler, die auf dieser
Linie liegen, aus den Formen der
Schweizer Landschaft und der Hochalpen
herausgesehen haben, das sind Neutaten
der Schweizer Malerei, die allein ge-
nügten, um das Vorhandensein einer
Schweizer Schule nachzuweisen.

Zu diesen Werken gab Hodler in ge-
meinsamer Arbeit mit seinen Landsleuten
den Anstoß und grundverschieden von
dem italienischen Segantini ist die Mal-
weise, die sich aus seiner Hochgebirgs-
anschauung entwickelt hat, grundver-
schieden wie Land und Leute, aus denen
diese Künstler ans Tageslicht gehoben
wurden. Segantini ist am Südabhang der
Alpen zu Hause, ist Italiener mit jedem

Nerv und mit jedem künstlerischen Emp-
finden, ein Freund von Gemütsbewegungen
und starken psychischen Akzenten. Hodler
stammt aus dem Kanton Bern, einem
Stück des Schweizerlandes, wo sich ein
schwerzugängliches nüchternes Volk bis
zum heutigen Tage seine Sitten und
Ansichten bewahrt hat. Der Menschen-
schlag ist nüchtern, arbeitsam, helläugig,
eigenwillig und beinahe starrköpfig —
und die Kunst, die von diesem Volke
kam, mußte ein paar Eigenschaften
aufweisen, die auf die Rassen - Eigen-
tümlichkeiten der Berner zurückführen:
Sie konnte nicht phantastisch, sie mußte
klar, durchsichtig, zielbewußt, eher mathe-
matisch beweisbar, wie gefühlsmäßig
werden. Mathematischer veranlagt wie
nur irgend ein alter Meister aber ist
Hodler, der Sohn dieses Landes, der
malende Rechner, ein Künstler, neben
dessen Kompositionen die Haltungen von

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