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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 20.1907

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Kesser, Hermann: Neue Schweizer Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.9555#0297
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Neue Schweizer Malerei.

Augenblicke, in denen er den entfernter
Stehenden affektiert und übertrieben er-
scheint. Aber wie Hodlers, so ist auch
Amiets Werk der Ausdruck eines über-
zeugten und ehrlichen künstlerischen
Charakters und darum ist es auch von
überzeugender Glaubwürdigkeit.

Amiet ist Kolorist. Er war es schon,
als er, ein Zwanzigjähriger, unter der
Anleitung von Frank Buchser, einem alt-
schweizerischen Meister, der nicht mehr
in die Neuzeit her einreichte, im Freien
nach der Natur zeichnete und nach Sonne
und Farbe suchte. Er wurde reif, als er

kuno amiet—oschwand. Gemälde: Mutter und Kind.

in Frankreich Gauguin und van Gogh
kennen lernte und in der Bretagne zur
Selbständigkeit wuchs. Von den gallischen
Nachbarn brachte er künstlerische Weg-
weiser nach Hause, in weltentlegenem
Schaffen auf einem bernischen Hochdorf,
auf der Oschwand schrieb er sich in
engster Gemeinsamkeit mit der Natur
seine künstlerische Bibel, ein Evangelium

der Farbe und farbigen Phantasie. Wie
ein Musiker in Tönen dichtet und redet,
so sind Amiets Organismen in Farben
erdacht und gedichtet. Nur da, wo aus-
schließlich die Farbe zu reden hat, bei
Werken, die den ungeschwächten farbigen
Eindruck eines Naturausschnittes wieder-
geben, trittdas lineare Gerüst zurück. Über-
all, wo er weiter geht, in figürlichen Schöpf-

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