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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 22.1908

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Pirchan, Emil: Zweckmässigkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.7006#0209
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Zweckmäßigkeit.

I'ROFKSSOR RICHARD Rl EM KKSCUMID - MÜNCHEN'.

Fenster am Atelier-Gebäude.

ZWECKMÄSSIGKEIT. Wir hatten nicht
das Gefühl für Schönheit, wir hatten das
Gefühl für Zweckmäßigkeit verloren! Wenn
wir dieses bis zur gesteigertsten
Empfindsamkeit nicht nur in den
großen Gelegenheiten augen-
fälliger Erscheinungen, sondern
in gleichem Maße auch in den
kleinsten Fragen des Alltags uns
erworben haben, dann wird
wieder unsere Kunst ganz ge-
sund werden. — Der Ausdruck
der sachlichen Zweckmäßigkeit
weckt in uns das Gefühl der
Schönheit. — Die Blume ist schön,
weil jeder Nerv, jede Zelle zum
Aufbau zweckmäßig ist, angepaßt
in Größe und Form ihren Funk-
tionen. Die Blume ist nicht zweck-
lich, weil sie schön ist, sondern
schön, weil sie zweckmäßig in
ihrer Entwicklung ist. — Aus der
Zweckmäßigkeit wächst eben die
Schönheit, denn die Natur baut
nicht bewußt für menschliche
Sinne, sondern nach der in der
Urzelle bedingten Wirksamkeit,
das ist die Urbedingung, die
mannigfach ist, und welche die
unterschiedlichen Formen zeitigt.
— Die Schönheit in Natur und
Kunst sind im Begriffe — aber
nur im Begriffe — gemeinsam,
sie ist in beiden kein entbehr-
liches Plus, sondern ein zweck-
licher Ausdruck. — Die Schön-
heit der Architektur — und alle
bildende Kunst muß architekto-

nische Elemente bilden: also zum Monismus der
Architektur werden — wächst aus ihrer formalen
Zweckmäßigkeit erst überzeugend hervor.

RICHARD RIEM KUSCH MID.

Eingang

.im Atelier-Gebäude.

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