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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 23.1908

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Muthesius, Hermann: Mein Haus in Nikolassee
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https://doi.org/10.11588/diglit.6701#0022
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Hermann Mzdhesius:

ARCH. HERMANN MUTHESIUS.

Blumenterrasse. (Im Hintergrunde Haus Freudenberg.)

Kinderspielzimmer. Es liegt vollständig eben-
erdig und ist nur durch eine 10 cm hohe
Stufe vom Gartenniveau getrennt. Ent-
sprechend den eigentümlichen Zugangsverhält-
nissen des Hauses (der tägliche Hausverkehr
führt auf einem Fußsteige nach der Rehwiesen-
richtung , der weniger benutzte Zufahrtsweg
kommt von der Potsdamer Chaussee her) mußten
zwei gleichwertige Eingänge angelegt werden.
Sie münden beide auf den unteren Vorraum,
an den sich sofort das durch alle Geschosse
reichende Treppenhaus anschließt.

Sehr bewährt hat sich die Abtrennung des
Eßzimmers von den übrigen Wohnzimmern,
die eine Treppe höher liegen. Nach dem
Eßzimmer richtet sich von der Küche aus-
gehend naturgemäß die Hauptarbeitsleistung
der Dienstboten. Es ist also von Wichtigkeit,
die Verbindungen so bequem als möglich zu
gestalten. Allerdings ist dadurch für die Be-
wohner des Hauses die Notwendigkeit gegeben,
sich zum Essen aus dem Wohngeschoß in
das Untergeschoß zu begeben. Auf den ersten
Blick mag das als eine Unbequemlichkeit an-
gesehen werden, besonders für den Fall, daß
Gäste geladen sind. In Wirklichkeit findet es

niemand sehr unnatürlich, zum Eßzimmer einige
Schritte zu gehen. Und dann ist das Treppen-
steigen bei einer Geschoßhöhe von 2,65 m
keine große Anstrengung, besonders wenn
man auf bequeme Steigungsverhältnisse der
Treppenstufen sieht. Außerordentlich ange-
nehm ist dafür aber der Umstand, daß die
Bewohner in der Lage sind, die Sphäre des
Eßzimmers nach Erledigung der Mahlzeit voll-
ständig zu verlassen und in einem andern
Teile des Hauses Aufenthalt zu nehmen. In
demselben Maße, wie sich die Räume des
Hauses immer mehr spezialisieren, schwindet
die Notwendigkeit, das Eßzimmer in der
Flucht der Wohnzimmer zu haben. Es kommt
in den meisten Familien heute schon außer-
ordentlich selten vor, daß das Eßzimmer noch
zu irgend einem anderen Zweck als zum Essen
benutzt wird. Es ist daher besser, es über-
haupt vollkommen von den Wohnräumen zu
trennen, zumal dadurch auch dem Übelstande
der Übertragung von Speisegerüchen aufs
wirksamste abgeholfen wird. Führt man die
Abtrennung ein, so ist man in der Lage, eine in
sich geschlossene Wirtschaftsgruppe anzulegen,
bestehend aus Eßzimmer, Anrichte, Küche,

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