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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 29.1911-1912

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Westheim, Paul: Vom Kleingerät
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https://doi.org/10.11588/diglit.7012#0493
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Vom Kleingerät.

KRAU CUCUEL TSCHEUSCHNER: TEE-ZIMMER.

SCHAURAUM IM HOHENZOLLERN-KUNST-
GEWERBE-HAUS. FRIEDMANN Si WEBER.

heit geben wollte, mußte sich mit ihnen befassen,
mußte sich die Mußestunden abzwacken, um
passende Entwürfe zu fertigen oder den Aus-
führenden brauchbare Begabungen nachweisen.
Es gibt Leute, die der Meinung sind, daß auch
da manches impulsiver, flotter, begeisterter
hätte geschaffen werden können, allein wir
wollen nicht mäkeln an der erreichten und —
was bedeutsam genug ist — durchschnittlichen
Anständigkeit des Gebotenen.

Anders, wenn es sich um Dinge handelte,
die außerhalb dieses Rahmens liegen. Der un-
ansehnliche Gebrauchsgegenstand, künstleri-
sches Luxusgerät, Spezialmöbel, die dem Kom-
fort dienen, ohne für den Raum unentbehrlich
zu sein, ergötzliche Handwerksgebilde, die ihre
Entstehung einem technischen oder geistigen
Spieltrieb verdanken, tauchen seltener auf. So
selten, daß das kaufende Publikum sich begnügt,
nur gelegentlich nach ihnen zu fahnden.

Auch das ist erklärlich aus der stärkeren Be-

tonung des Raumganzen. Das Publikum, auf
jede Weise gemahnt, aus einer Hand ein ein-
heitliches Raumgefüge zu fordern, hat es be-
quem gefunden, sich fix und fertig mit einer
Einrichtung ausstatten zu lassen. Es hat — aus
dem Gefühl heraus, daß der Künstler sein En-
semble wohl am besten zusammenzustellen ver-
stände — dem Möbelgestalter die Freiheit ge-
geben, auch für den bric-ä-brac zu sorgen. Ja,
es gab und gibt unter diesen Auftraggebern
Leute, die sich kaum getrauen, dieses Arrange-
ment irgendwie anzutasten. Das erscheint uns
töricht, erscheint, wenn man den Leuten, die
sich künstlerisch einrichten ließen, eine rechte
Freude an ihrem Besitz wünscht, nicht gerade
sympathisch. Die Folge dieser geschmacklichen
Unselbständigkeit ist eine Gleichgültigkeit, ja
Interesselosigkeit gegenüber den Erscheinungen,
die als Einzelstücke Tag um Tag entstehen. Im
Sinne der Künstler, die da ihr Bestes geben
möchten, und der Ausführenden, die für ihre

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