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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 31.1912-1913

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A. R.-R.: Ausstellung für kirchliche Kunst im österr. Museum
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https://doi.org/10.11588/diglit.7010#0260
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Ausstellung für kirchliche Kunst im Österr. Museum.

Weil sie auf einem Trugschluß basiert. Nicht
der Mangel an Aufträgen allein, wie in dem
von kirchlicher Seite inspirierten Texte dar-
getan wird, kann das Fehlen einer guten mo-
dernen Kunst kirchlicher Art verursacht haben,
vielmehr müssen neben diesem einen derb-
materialistischen Grund, dem gewichtige Wir-
kung allerdings zukommt, noch andere Gründe
mehr geistiger Natur mit Teil haben an der
Fruchtlosigkeit auf dem Gebiete neuer kirch-
licher Kunst. Es hieße die Künstler in verächt-
licher Weise gering schätzen, wollte man von
ihnen behaupten, daß sie in ihrer künstlerischen
Wesensart von Bestellungen abhängig seien,
daß sie, die vordem wegen mangelnder Bestel-
lungen keine Werke kirchlicher Kunst schufen,
nach erfolgter Bestellung sogleich das Ge-
wünschte in voller Güte hervorbringen würden.
So materiell-äußerlich darf man sich denn doch
nicht wahrhaftes Kunstschaffen vorstellen, zumal
dann nicht, wenn in ihm religiöses Empfinden
zum Ausdruck gelangen soll. Der echte Künstler

schafft ja auch sonst nicht das, was man von
ihm begehrt, sondern das, was zu schaffen er
berufen ist, was er schaffen muß, aus innerer
Notwendigkeit. Die Beweise hiefür liefert die
Kunstgeschichte zu hunderten. Wenn dieKünst-
ler unserer Zeit nicht mehr so wie die Künstler
früherer Zeiten auf dem Gebiete der kirchlichen
Kunst tätig sind, geschieht dies nicht einzig und
allein nur aus Mangel an entsprechenden Auf-
trägen, sondern weil auch ihre innere Stellung
zur Kirche eine wesentlich andere, als die der
Künstler früherer Zeiten ist. Denn es wäre
falsch, zu glauben, daß die Künstler der Gotik,
der Renaissance und der Barocke hauptsächlich
deshalb bedeutende Werke kirchlichen Charak-
ters hervorbrachten, weil sie mit den entsprechen-
den Aufträgen betraut wurden. Die Künstler
der Gotik und der nachfolgenden großen Stil-
epochen schufen ihre Hauptwerke nicht so sehr
im Dienste der Kirche, als vielmehr für die
Kirche aus ihrem persönlich reichen religiösen
Empfinden heraus. Gottsucher gibt es auch

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