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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 31.1912-1913

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Utitz, Emil: Kunst und Kunstwissenschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.7010#0412
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ARCHITEKT E. J. MARGOLD DARMSTADT.

DAMEN ZIMMER DER WOHNUNG DR. PERLMANN.
MAHAGONI MIT DRUCKSTOFF. AL'SF: KARL KLAUS—WIEN.

KUNST UND KUNSTWISSENSCHAFT.

VON DR. EMIL UTITZ — ROSTOCK.

Das dunkle, undurchsichtige, verworrene
Chaos einander widerstreitender, viel-
deutiger Kunstbegriffe hat sich wenigstens
einigermaßen gelichtet. Nicht als ob heute be-
reits in klarer Bewußtheit das verschlungene
Gewebe des Kunstgenusses, des künstlerischen
Schaffens oder gar des individuellen Kunst-
werkes in den ganzen Reichtum der Elemente
und der zwischen ihnen obwaltenden Bezie-
hungen zerlegt werden könnte; im Gegenteil:
die ernste Forschung und das angestrengte
Mühen um diese Fragen ließen uns erst die
ganzen, gewaltigen Schwierigkeiten der hier
gestellten Aufgaben erkennen und damit den
geradezu unendlichen Abstand, der uns von
einer restlosen und völlig erschöpfenden Lösung
trennt. Nichts wäre demnach unvernünftiger
und törichter als der eilfertige Glaube, die Ge-
heimnisse der Kunst hätten sich uns entschleiert,
ihre Rätsel wären beantwortet, und es bedürfte
nur der verständnisvollen Anwendung der ge-

sicherten Ergebnisse. Nur Kurzsichtigkeit oder
Frivolität können auf dieser Bahn dahinsteuern,
die nirgends anders einmünden kann als in
dogmatische Verknöcherung, in philiströsen
Hochmut. Ein abschreckendes Beispiel bieten
uns heute die Kritiker, die alle ihre Leitbegriffe
und ihre gesamte Grundauffassung dem Im-
pressionismus entlehnt haben und nun völlig
verständnislos und verstockt allen Versuchen
gegenüberstehen, die die Überwindung des Im-
pressionismus zum Ziele haben. Also in diesem
Sinne meine ich es jedenfalls nicht, wenn ich
von einer fortschreitenden Besserung aus der
heillosen Verwirrung der Kunstbegriffe spreche,
mit deren unscharfer Abgrenzung und unklarer
Fassung man noch vor kurzer Zeit alles bewei-
sen und alles widerlegen konnte. Die Zahl
derer ist ja leider nicht gering, die heute noch
auf diesem Standpunkt stehen; aber die ernst
zu nehmenden Forscher und die gediegeneren
Kunstschriftsteller haben doch diese Niede-

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