Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 38.1916

DOI article:
Hallema, Anne: Der Radierer W. O. J. Nieuwenkamp
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8538#0283
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
W. O.J. A^ieuwenkamp.

W. O.J. N IEl' WEN KAM P — ED AM.

RADIERUNG »HOl.ZFAU.KR, EDAM«

einer modernen Großstadt. Er nimmt vom
Unverfälschten und besitzt die Gabe, Schluck
für Schluck das Leben zu genießen und zu
trinken aus dem unverfälschten Kelch der Na-
tur. Unmittelbar nach der Natur arbeitet er
zwar wenig. Eine Skizze, einige Aufzeich-
nungen, mehr nicht. Meistenteils erst einige
Jahre später wird dann das eine oder das an-
dere ausgearbeitet. Wie Nieuwenkamp selbst
äußerte, ist dann das Unwesentliche vergessen;
allein die Hauptsache, das worauf es ankommt,
steht ihm dann um so klarer vor Augen, und
darauf baut er dann weiter.

Nieuwenkamp ist kein Impressionist, kein
Naturalist, auch kein Phantast, wiewohl er
mit solchen Arbeiten viel Übereinstimmung
besitzt. Er ist vorab der Künstler der kon-
zentrierten Andacht, er sucht das Wesen der
Dinge, das Charakteristische in ihnen. So be-
trachtet, kann man auch seine Neigung zu allem
Monumentalen begreifen.

Nieuwenkamps Arbeit umfaßt bereits 175
Radierungen und 75 Holzschnitte. Weiter eine
große Zahl von Zeichnungen w. u. a. allein die
250 Blatt seines Buches über Bali. Unter den

Radierungen sind einige von solchen großen Ab-
messungen, wie wahrscheinlich niemals zuvor in
Holland gemacht wurden. So mißt das Blatt
„Nach dem Tempel Madura" 86,7 X 103,2 cm.

In den hier reproduzierten wenigen Radie-
rungen ist Nieuwenkamp recht gut zu erkennen.
Seine Liebe zu den Städtchen seines Vaterlandes
mit ihrer eigentümlichen Schönheit ist darin
ganz deutlich ausgesprochen. Der „Cunera-
Turm, Rhenen" ist ein Gegenstück zum „Turm in
Amersfoort". Das intim-ruhige solcher hollän-
dischen Gäßchen, das Ausgestorbene, von allem
Weltgeräusche entfernte, atmen diese Abbil-
dungen. Still und ruhig und voller Frieden ist
hier alles. Von Amersfoort machte er noch eine
andere Abbildung: „Wenn die Blätter fallen".
Man bemerke, mit welcher Vorsicht und Ge-
duld der Radierer sich mühte, um das Eigen-
tümliche des Häuschens und des Kanals wieder
zu geben, ohne in Kleinlichkeit zu verfallen.
Dieselbe Freundlichkeit und Zufriedenheit fin-
den wir auch im Fenster mit den kleinen Schei-
ben und in der kleinen Brücke im Hintergrunde.
Ein freundliches Auge, das so die Welt sieht.
— Von der Radierung: „Monnikendam vom
 
Annotationen