E. M. ENGERT—MÜNCHEN
NEUESTE SILHOUETTEN
DR. C. WEINMAYER —MÜNCHEN.
VON
E. M. ENGERT hat die Silhouette aus dem Harmlosigkeiten jedes Verständnis verloren,
engen Rahmen ihres Biedermeierdaseins heraus- Engerts „Witz" ist verneinend, wie der seiner
gerissen und mit der Hand des Künstlers in ganzen Generation, noch besonders vermit-
die große, moderne Graphik eingeführt. Die telt vielleicht durch die Unzufriedenheit mit
glänzende Ehrlichkeit der neuen Jugend zwang den Mitteln der Silhouette. Der Niederschlag
ihn, auf den Ursprung der Silhouette zurück- dieses Wesens vollzieht sich klar in der Form,
zugehen und von ihm aus eine neue Silhouette gesättigt durch die Überpointierung der Pro-
zu gestalten. Das Schattenbild zweier Fechter, portionen des Künstlers selbst. In seiner Sprung-
die als formlose Ballen am Fechtboden einzig haftigkeit ist Engerts Form mit der Heines ver-
durch die herausstechenden Rapiere erkennbar wandt. Die Bewegung eines Armes oder einer
sind — diese Silhouette ist leider nicht zu er- andren Extremität wird durch die Assoziation
halten — beweist, wie sehr ihm die Lebendig- aus einem andren, vielleicht tierischen Gebiet
keit der Silhouette am Herzen liegt, die Leben- weitergebildet und zu Ende geführt. Eine Linie
digkeit und die Klarheit der Form. Dieser beginnt, in ihrem Urgrund schon auf Übertrei-
Lebendigkeit dient auch
die leichte Anheftung der
geschnittenen Silhouette
auf Japan. Besonders ge-
winnt dadurch vor allem
auch die Identifikations-
möglichkeit der Porträts.
Eine kleine Bewegung und
die Erfahrung setzt spie-
lend in die „3.Dimension"
um. Und dieser Lebendig-
keit, d ieser Flatterhaftig-
keit hängt an — der „ Witz ",
dem Engerts ganzes Wesen
mit offenen Armen ent-
gegenkommt. Die Zeit des
Harmlos - lieblich - Lustigen
ist längst zu Ende. Die
Zersetzung unserer Ent-
wicklung hat für solche
E. M. ENGERT. GESCHNITTENE SILHOUETTE.
bung vorbereitet, um plötz-
lich abzubrechen und in
einer erstarrten Form mit
ganz andrem Akzent zu
endigen. Kurve wie ge-
brochene Linie im Brech-
punkt sind von großer Be-
redsamkeit. Dazu kommt
des Künstlers außerge-
wöhnlich starkes Tempera-
ment. Ein Arm wächst
bei ihm auch durch die
enorme Aktivität der Be-
gierde, und die Silhouette
in ihrer Abstammung reicht
auch dazu die Hand. Die
Verzerrung der Form ist
ja eine ihrer Haupteigen-
tümlichkeiten. Ihre Ver-
stöße gegen die Gesetze
86
APril 1917 8
NEUESTE SILHOUETTEN
DR. C. WEINMAYER —MÜNCHEN.
VON
E. M. ENGERT hat die Silhouette aus dem Harmlosigkeiten jedes Verständnis verloren,
engen Rahmen ihres Biedermeierdaseins heraus- Engerts „Witz" ist verneinend, wie der seiner
gerissen und mit der Hand des Künstlers in ganzen Generation, noch besonders vermit-
die große, moderne Graphik eingeführt. Die telt vielleicht durch die Unzufriedenheit mit
glänzende Ehrlichkeit der neuen Jugend zwang den Mitteln der Silhouette. Der Niederschlag
ihn, auf den Ursprung der Silhouette zurück- dieses Wesens vollzieht sich klar in der Form,
zugehen und von ihm aus eine neue Silhouette gesättigt durch die Überpointierung der Pro-
zu gestalten. Das Schattenbild zweier Fechter, portionen des Künstlers selbst. In seiner Sprung-
die als formlose Ballen am Fechtboden einzig haftigkeit ist Engerts Form mit der Heines ver-
durch die herausstechenden Rapiere erkennbar wandt. Die Bewegung eines Armes oder einer
sind — diese Silhouette ist leider nicht zu er- andren Extremität wird durch die Assoziation
halten — beweist, wie sehr ihm die Lebendig- aus einem andren, vielleicht tierischen Gebiet
keit der Silhouette am Herzen liegt, die Leben- weitergebildet und zu Ende geführt. Eine Linie
digkeit und die Klarheit der Form. Dieser beginnt, in ihrem Urgrund schon auf Übertrei-
Lebendigkeit dient auch
die leichte Anheftung der
geschnittenen Silhouette
auf Japan. Besonders ge-
winnt dadurch vor allem
auch die Identifikations-
möglichkeit der Porträts.
Eine kleine Bewegung und
die Erfahrung setzt spie-
lend in die „3.Dimension"
um. Und dieser Lebendig-
keit, d ieser Flatterhaftig-
keit hängt an — der „ Witz ",
dem Engerts ganzes Wesen
mit offenen Armen ent-
gegenkommt. Die Zeit des
Harmlos - lieblich - Lustigen
ist längst zu Ende. Die
Zersetzung unserer Ent-
wicklung hat für solche
E. M. ENGERT. GESCHNITTENE SILHOUETTE.
bung vorbereitet, um plötz-
lich abzubrechen und in
einer erstarrten Form mit
ganz andrem Akzent zu
endigen. Kurve wie ge-
brochene Linie im Brech-
punkt sind von großer Be-
redsamkeit. Dazu kommt
des Künstlers außerge-
wöhnlich starkes Tempera-
ment. Ein Arm wächst
bei ihm auch durch die
enorme Aktivität der Be-
gierde, und die Silhouette
in ihrer Abstammung reicht
auch dazu die Hand. Die
Verzerrung der Form ist
ja eine ihrer Haupteigen-
tümlichkeiten. Ihre Ver-
stöße gegen die Gesetze
86
APril 1917 8