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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

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Weinmayer, Konrad: Hermann Stockau, Dachau: zu seinem 50. Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0156
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Hermann Stockmann—Dachau.

gleich. Die koloristischen Erlebnisse sind rein
momentan, meist aus bewegter Natur geholt,
selten aus Normalzuständen. „Nach dem Ge-
witter" und ähnliche Leidenschaftszustände der
Natur reizen den Künstler mehr. In der Durch-
bildung eines koloristischen „Satzes" in der
Ferne allein ist vielleicht ein Zusammenhang mit
dem Lyriker der Buchillustrationen zu verspü-
ren, in der Liebe, mit der er diese feinen Nuan-
cen wie Blumen herauspflückt. Es ist gerade
hier eine leichte typisch „bayrische" Note zu
spüren, aber sie ist stets weise verhalten.
Stockmann ist der Maler des Dachauer Moores,
von keiner Seite beeinflußt, ein bodenständiger
Künstler. Die uralte eingesessene Farbenkultur
der Bewohner des Dachauer Moores beweist
mathematisch diese Bodenständigkeit.

Es ist ein außerordentliches Glück für Dachau
und Bayern, daß es gerade Stockmann vergönnt
war, das Museum im Dachauer Schloß, das ein
für alle Male ein Muster eines Provinzmuseums
bleiben wird, einzurichten. Er besaß den für
solche Tat unumgänglichen Grad der Einfühlung
in den Volkscharakter und bei Dachau im Be-
sonderen die vollständige Zugehörigkeit zu dem
dort seit Jahrhunderten eingewuzelten Farben-
kreis. So allein gelang diese überraschende
Belebung einer erstorbenen Zeit, wobei man

niemals etwas Künstliches vom Künstler spürt.
— Mögen dem Künstler noch recht viele Jahre
beschert sein und möge Deutschland lernen, daß
es auch bei uns feinste Koloristen gibt, die voll-
ständig bodenständig etwa den Barbizonisten

die Wage halten...........dr. weinmayer.

£

Erfahren, schauen, beobachten, betrachten, ver-
knüpfen, entdecken, erfinden sind Geistestätig-
keiten, welche tausendfältig, einzeln und zusammen-
genommen, von mehr oder weniger begabten Men-
schen ausgeübt werden. Bemerken, sondern, zählen,
messen, wägen sind gleichfalls große Hilfsmittel, durch
welche der Mensch die Natur umfaßt und über sie
Herr zu werden sucht, damit er zuletjt alles zu seinem
Nu^en verwende.

Von diesen genannten sämtlichen Wirksamkeiten
und vielen andern verschwisterten hat die gütige
Mutter niemanden ausgeschlossen. Ein Kind, ein Idiot
macht wohl eine Bemerkung, die dem Gewandtesten
entgeht, und eignet sich von dem großen Gemeingut,
heiter unbewußt, sein bescheiden Teil zu. . . Goethe.

Die Kunst ist viel zu reich, der Einzelne viel zu arm,
als daß er die übermächtige Fülle von Seligkeiten
bewältigen könnte; es gilt, sich entschlossen auf die
seelenverwandten Lieblinge zurückzuziehen und mit
ihnen in traulichem Umgang zu verkehren. Mit
einem solchen Entschluß befreit man sich von der
Bildungsfron, jener ebenso lästigen als gemeinschäd-
lichen Kopfsteuer.............. Karl Spitteier.

HERMANN STOCKMANN-MÜNCHEN-DACHAU. GEMÄLDE »HOLZ SAMMLER«
 
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