Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

DOI Artikel:
Vogdt, Adolf: Von der Wandmalerei
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0364
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Von der Wandmalerei.

maierei bieten, ungenutzt bleiben sollten. Im
Plakat ist es erreicht, mit den einfachsten Mit-
teln große Formen, breite Farbflächen aufzu-
bauen; die Illustrationen geben ein Äußer-
stes in der Auswertung der Striche und weni-
ger, pikanter Farben. Auch Silhouetten und
besonders mehrfarbige Ausschneidebilder
zeigen manches, was sinngemäß angewandt,
auf der Wand von großer Wirkung sein könnte.

Untersuchen wir nun aber erst das moderne
„Staffeleibild", so sehen wir, daß es zum großen
Teil nichts anderes ist als verkappte Wand-
malerei, eine Malerei, bei der die Leinwand nur
ein Ersatz ist für den Putz der Wand. Der braune
und graue Grund, der zur Erzielung harmonischer
Töne schier unentbehrlich war, ist verschwunden,
mit Vorliebe malt man auf ein kalkiges Weiß.
Man malt mit reiner Farbe, mit freien, saftigen
Pinselstrichen. Denkt man sich diese Malereien
auf die Wand, wo sie eigentlich hingehören, so
ist da keineswegs ein großes Bild an die Wand
gehängt oder geklebt, nein, die Wand bleibt
Wand, Mauer, und auf ihr sitzen die einzelnen
Striche und Farbklexe. Der Raum behält seine
natürliche Wandfläche, die nur eigenartig an-

gestrichen, getüpfelt, mit Farben und Strichen
besetzt ist. Selten ist eins der modernen Bil-
der, so wie sie jetzt auf den Ausstellungen zu
sehen sind, für den Rahmen berechnet. Sie
muten an wie Skizzen zu Wandbildern, ihre
großen Linien, ihre getrennten Farben fordern
große Räume, oft treten die Massen wie ein
Flachrelief hervor, oder die Linien erscheinen
wie eingekerbt. Hier treffen wir Anklänge an
Mosaik, dort Platteneffekte. In hundert Zei-
chen tut sich kund, daß die Malerei wegstrebt
vom Ölbild zur Wand. Und zwar heute in an-
derer Weise als vielleicht vor 15 Jahren. Da-
mals zielte man auf das „Dekorative", heute
direkt auf die Wand, die gemauerte, geputzte,
getünchte Wand. — Es wäre jammerschade,
wenn die günstige Gelegenheit, unsere Wand-
malerei entscheidend und ernstlich vorwärts zu
bringen, wieder ergebnislos bleiben sollte. Die
großen monumentalen Aufgaben nach dem
Kriege würden dann wieder denselben ge-
schäftsklugen Akademikern in die Hände fallen
wie bisher, während die freie Kunst ihre Bahn
weiter geht und den Punkt ihrer größten Wand-
nähe bald verläßt........... adolf vogdt.

stanislaus
stückgold-
münchen.

DEKORATIVES GEMÄLDE »HEILIGE ELISABETH«
 
Annotationen