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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

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A. R.-R.: Bemerkungen zu einigen neuen Arbeiten von Emmy Zweybrück
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https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0395
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E. Z WE YBRÜCK-PROCHASKA — WIEN. VORHANG DER VOLKSBÜHNE—WIEN.

BEMERKUNGEN ZU EINIGEN NEUEN ARBEITEN VON EMMY ZWEYBRÜCK.

Der unverwüstliche Optimismus der Künstler
hat Wien wieder zu einigen Kunst-Aus-
stellungen verholten. Obgleich aus den mannig-
faltigsten Bestandteilen und, was sehr wahr-
scheinlich ist, ohne ungewöhnlichen Kraftauf-
wand entstandenen, guten Durchschnittsleist-
ungen zusammengesetzt, spiegelten diese Aus-
stellungen doch recht deutlich den gegenwärtigen
Zustand der österreichischen u. engeren Wiener
Kunsttätigkeit. Denn es dürfte wohl auch heute
noch als unbezweifelbare Tatsache gelten kön-
nen, daß der allgemein gegebene Zustand des
Volkes, an dem durch keinerlei Kunstpflege
etwas geändert zu werden vermag, die natür-
liche Grundlage der Kunst bildet, deren Ent-
wicklung allerdings — es sei diese Grundlage
mehr oder minder günstig — gefördert oder
auch gehemmt werden kann. Dieser Zustand
ist, namentlich in seinen unangenehm empfun-
denen Äußerungen, auch im Deutschen Reich
hinlänglich genug bekannt, so daß er hier nicht
geschildert zu werden braucht, wo es sich ledig-
lich darum handelt, sozusagen im Vorbeigehen,
auf den Zusammenhang zwischen dem allge-
meinen Zustand und dem besonderen, in den
sich die mit der Kunst Beschäftigten durch er-
steren versetzt finden, hinzuweisen. Es liegt
zwar das Heil gegen irgend ein Übermaß auf
die Dauer nicht im entgegengesetzten Extrem,
aber nach den vielen, zumeist recht greulich

gemalten Greuelszenen des Krieges, die weni-
ger erschütternd als abstoßend wirkten, emp-
fand man die zu Tage tretende unzweideutige
innerliche Abkehr von Krieg und seiner un-
geheuerlichen Gräßlichkeit, die sich in fast allen
ausgestellten Arbeiten kundgab, geradezu er-
quickend, und zwar selbst dann noch, wenn die
Arbeiten einer kunstkritisch strengen Wertung
nicht bis ins Letzte standzuhalten vermochten.
Die meisten der zur Schau gestellten Arbeiten
durften von ihren Urhebern in der sicheren Er-
wartung des Erfolges, sowohl des moralischen
wie praktischen, ausgestellt werden, den das
Bewußtsein einer nach Tunlichkeit ehrlich voll-
brachten Leistung verleiht. Wo es trotz aller
Mühe und Fähigkeit zu keinem vollen Gelingen
kam, waren wenigstens verheißungsvolle An-
sätze zu bemerken, denen sicherlich nur der
Verblendete oder Böswillige die Anerkennung
verweigern konnte oder mochte.

Den größten Erfolg hatte das Kunstgewerbe,
jene Provinz der Kunst, die einem Eiland der
Friedfertigen gleicht, an dessen sanfte Gestade
nichts anstrandet, was Zeugnis geben würde
von dem gegenwärtigen inneren und äußeren
Aufruhr der Menschenwelt. Es wurde — und
wird weiterhin — gekauft, was nur zu erlangen
war und ist, ungeachtet der erhöhten, durch
die verteuerten Herstellungskosten bedingten
Preise, obgleich vereinzelt auf Umwegen über-

XX. September 1917. 7*
 
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