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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 49.1921-1922

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Kehrer, Hugo: Josef Eberz - München
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https://doi.org/10.11588/diglit.9142#0151
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Josef Eberz -München,

JOSEF EBERZ—MÜNCHEN.

AQUARELL »ATRANI«

ihn in Fesseln geschlagen. Du blickst von
Santa Maria degli Angeli über die Höhe hin.
Da liegen die Berge ganz kahl vor dir, kein
Wald erquickt, nur der klassische Baum des
Südens zeigt sich dem Auge. Gespenstergleich
ragt die Olive empor, ihre Zweige greifen wie
Polypenarme aus, blaugraugrün ist ihr Kleid,
das selbst im Winter nicht vergeht; der Stamm
scheint wie aus Brettern gezimmert, sodaß du
fragst, wer spendet ihr den Saft zum Leben?
Gesättigte Farbigkeit ist das Zeichen dieser
Landschaft. Hoch oben über Assisi liegt Subäsio,
il Monte, wie in Gold hineingebaut, und unten
im Tal leuchten die Häuser tiefrot und blau.
Geht die Sonne unter, dann schimmern in Gelb
und Violett die Berge. All diese Phänomene
der Natur hat Eberz wiedergegeben.

Was wir heute suchen, ist Farbe und Form;
linear gilt es wiederum sich einzustellen. Italien
voran gibt uns den Begriff der potenzierten
Farbe. Im Norden läßt er sich nicht finden,
hier gibt es keine blauen und roten Häuser,
alles hüllt sich ein in den Dunst der Atmosphäre,
daß die Gegenstände verschwimmen und die
Formen einen irrationalen Sinn erhalten. Italien

gibt auch den Begriff der Form. Der Monte
Subäsio in klarster Gliederung beherrscht das
Land, die Türme der Kirchen streben in wuch-
tiger, linearer Bestimmtheit empor, und selbst
die wenigen Bäume wirken wie einfache, große
Architektur. Mit Freude erkennen wir, Eberz
hat in Assisi eine neue Ausdruckssteigerung
seiner Palette gefunden: seine Bilder sind far-
biger geworden; auch die Liebe zum Gegen-
stand hat sich vertieft.

Auch nach dem Süden der Halbinsel ist Eberz
gewandert, nach Amalfi, darum kommt ein neuer
Begriff, das „Meer", in seine Kunst. Er hat es
gemalt, wie es fern am Horizont in ultramarin-
blauer Reinheit erscheint, selbst dann, wenn
die Luft noch grau gefärbt ist. Nach stürmischen
Regentagen leuchtet es weiß-blau-violett, blau-
grün, grün, und wo es schäumt, zeigt sich der
weißliche Gischt. Stärker als in Assisi prangt
in Amalfi die Farbe: sie brennt, daß das nor-
dische Gemüt sich beängstigt fühlt. Auch Amalfi
hat Eberz erlebt, seine Amalfi-Symphonien sind
reicher instrumentiert, die Farbe ist sinnlicher,
kultivierter geworden, die Liebe zur Natur hat
sich wesentlich vertieft............ h. k.
 
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