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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 52.1923

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Michel, Wilhelm: Ein deutscher Kunstkritiker des 18. Jahrhunderts, [2]: zu Mercks, des Goethefreundes, Aufsätzen über die Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9145#0350
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Ein deutscher Kunstkritiker des 18. Jahrhunderts.

FRITZ
MASKOS.
»FRAUEN-
II Ü S T E«

Einwand des Künstlers, bei großen Meistern
sei keine die beste, sondern alle seien gut, hält
er triumphierend entgegen: „Und so wäre denn
das Kolorit von Rubens, von Tizian, von Rem-
brandt, von Spagnolett, von Guercino alle Eins,
und gleich gut, gleich natürlich? Ich wäre sehr
neugierig zu sehen, wie Sie mir dieses erklären
wollen." Und er besteht abermals darauf: Wie
können alle die verschiedenen Manieren gut
sein? Manier ist keine Natur. In der Ant-
wort, die der Künstler darauf gibt, liegt nun
eine knappe, sehr hübsche Zurückweisung der
naturalistischen Grundanschauung: „Ja wohl,
so wenig Leinwand und Farbe Fleisch ist und
Züge von Linien Körper sind. Sie ist das Sup-
positum, sie ist das Phantom der Natur. Und

mehr versprach wohl der Künstler nicht zu geben
als Phantom." Das Wort Phantom stört den
Laien; er findet, was der Künstler ihm gesagt
habe, sei eine „traurige Wahrheit", denn er
entnimmt daraus nur, daß sein barbarisches Ver-
langen, in der Kunst Natur und Wirklichkeit
zu finden, irre gehe. Der Künstler stellt nun
in wenigen ausgezeichneten Sätzen das ewig
Relative und doch Endgültige jeder subjektiven
Künstlerwelt und Künstlerauffassung heraus:
„Jede Schule hat bei uns ihren eigenen End-
zweck, so wie jedes Jahrhundert den seinigen
hat, und jeder Meister hat nach seinen Kräften,
Fähigkeiten, Organen seinen besonderen. Und
haben Sie diesen ausfindig gemacht und beur-
teilen ihn darnach, so ist Ihre Kritik gerecht."

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