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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 54.1924

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Wolfradt, Willi: Neue Arbeiten von Edwin Scharff
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https://doi.org/10.11588/diglit.8536#0145
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EDWIN SCHARFF BF.RI.IN.

l'l'KKI) l'KKRAK' 1 I I \ 1919.

NEUE ARBEITEN VON EDWIN SCHARFF.

Das Schaffen dieses Bildhauers zeichnet sich
aus durch eine selbst im Bereiche der an
sich konservativ gearteten Skulptur nicht ge-
wöhnliche Konstanz, durch eine Stetigkeit, die
überraschen könnte angesichts der kubischen
Stoßkraft und des dynamischen Impulses seines
Stils. Aber die Energie dieser Formensprache
war ja niemals explosives Ungestüm, sondern
gespannte Wucht. Ihr Ausdruckswille war nie-
mals Entfesselung, sondern stets Kompression.
Der Geist schwerer Beharrung ist zu mächtig
in der Kunst Edwin Scharffs, um je von der
Rapidität und Elastizität der Türmungen auf-
gezehrt zu werden. Alle seine Gebilde, auch
die aktivsten noch, sind erfüllt von statuarischem
Gewicht. Ihr Stehen und Sitzen ist lastend, ihr
Schritt fest und massig. Diesen riesigen Figuren
eignet zumeist eine stämmige Untersetztheit
und daraus sich ergebende baumhafte Unbeirr-
barkeit. Auch wo sie heftiger emporgeworfen
sind, beherrscht eine kolossale Zuständlichkeit

des Körperbaus die Gebärdung. Auch wenn
sie sich heroisch recken, werfen sie ihr Schwer-
gefühl nicht einfach von sich. Meist verharren
sie in massiver Gemächlichkeit. So entspricht
Scharffs besonderer Ausdruck schließlich doch
dem ruhigen Verlauf und der richtungsgewissen
Unablässigkeit seiner Produktion.

Überblickt man heute die bisherige Entwick-
lung dieses plastischen Stils, so wird man den
Zug der somatischen Massigkeit und der sub-
stanziellen Beharrung besonders ausgebildet
und andrerseits den der stereometrischen Arti-
kulierung weitgehend abgeschwächt finden. Die
Schärfen der Gliederung scheinen mehr und
mehr verschluckt von einem voluminösen An-
wachsen, dessen gepackte Fülle schwer nach
unten drängt. Jene gratigen Akzente, die für
die skulpturale Faktur des Künstlers früher be-
sonders kennzeichnend gewesen sind, die eine
sichelnde Elastizität und kantige Konstruktion
des figürlichen Gestrebes, eine muskulöse Straf-
 
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