DOI Artikel:
Weiser, Armand: Natur und Kunst
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.8536#0219
NATUR UND KUNST.
Nur in Zeiten der Versittlichung, des inneren
stillen Besinnens, der ethischen Perioden
also, vermag der Naturalismus tiefere Bedeutung
zu erringen. Aus der Natur wird dann das Zu-
ständliche, dessen Ergebnis in Nichts durch
Logik gesetzt ist und dennoch den Gesetzen
der Logik nicht widerspricht, zum idealen Wert
erhoben. Die Konflikte nämlich, die sich dem
Wachstum entgegenstellen, werden gleichsam
selbstverständlich überwunden, ohne besondere
Arbeit und sichtbare Anstrengung. Die sittliche
Einwirkung der Natur auf die Seele besteht
eben darin, daß in ihr nicht erst Entgegenge-
setztes überwunden wird, sondern im Einzelnen
alles aus konfliktlosen Trieben wächst und aller
Widerstand von Außen, als Schicksal kommt.
Die Natur will nichts anderes als sie tatsächlich
ist, vor ihr schweigt jeder Egoismus. Denn nun
ist es nicht mehr der Mensch mit seinen inneren
Widersprüchen, in dem der Wert und die Vol-
lendung sich verkörpern soll, nicht mehr das
menschliche Individuum, in das der Künstler
seine schöpferischen Ideen projiziert. Die Ob-
jekte der Natur erhalten jetzt Seele und Bedeu-
tung und da dieselben frei sind von allen sinn-
lichen und sozialen Wünschen und Begierden,
so entsteht die Reinheit der Natur, als Ergebnis
einer prioristischen sittlichen Anschauung.
Der Instinkt, der eine Kunstform entstehen
läßt, manifestiert sich durch die Auswirkung
einer unbewußt vorhandenen, schaffenden Ener-
gie, einer organisierenden Kraft, die sich fast
mechanisch aus dem Kulturniveau ergibt.
Jede neue pflanzliche oder tierische Form
beruht auf unbedingt zwingenden Ursachen, die
aus der gegebenen Form und der Entwicklungs-
geschichte beinahe restlos erklärt werden kann.
Nicht anders die Kunstform. Und ebensowenig,
wie man eine neu entstehende Lebensform vor-
her zu bestimmen vermag, ebensowenig kann
man auch die Formen einer neuen Kunstrich-
tung voraussagen, dr.-ing. armand weiser—wien.
KURT EDZARD RERLIX. -SITZENDE FRAU«
Nur in Zeiten der Versittlichung, des inneren
stillen Besinnens, der ethischen Perioden
also, vermag der Naturalismus tiefere Bedeutung
zu erringen. Aus der Natur wird dann das Zu-
ständliche, dessen Ergebnis in Nichts durch
Logik gesetzt ist und dennoch den Gesetzen
der Logik nicht widerspricht, zum idealen Wert
erhoben. Die Konflikte nämlich, die sich dem
Wachstum entgegenstellen, werden gleichsam
selbstverständlich überwunden, ohne besondere
Arbeit und sichtbare Anstrengung. Die sittliche
Einwirkung der Natur auf die Seele besteht
eben darin, daß in ihr nicht erst Entgegenge-
setztes überwunden wird, sondern im Einzelnen
alles aus konfliktlosen Trieben wächst und aller
Widerstand von Außen, als Schicksal kommt.
Die Natur will nichts anderes als sie tatsächlich
ist, vor ihr schweigt jeder Egoismus. Denn nun
ist es nicht mehr der Mensch mit seinen inneren
Widersprüchen, in dem der Wert und die Vol-
lendung sich verkörpern soll, nicht mehr das
menschliche Individuum, in das der Künstler
seine schöpferischen Ideen projiziert. Die Ob-
jekte der Natur erhalten jetzt Seele und Bedeu-
tung und da dieselben frei sind von allen sinn-
lichen und sozialen Wünschen und Begierden,
so entsteht die Reinheit der Natur, als Ergebnis
einer prioristischen sittlichen Anschauung.
Der Instinkt, der eine Kunstform entstehen
läßt, manifestiert sich durch die Auswirkung
einer unbewußt vorhandenen, schaffenden Ener-
gie, einer organisierenden Kraft, die sich fast
mechanisch aus dem Kulturniveau ergibt.
Jede neue pflanzliche oder tierische Form
beruht auf unbedingt zwingenden Ursachen, die
aus der gegebenen Form und der Entwicklungs-
geschichte beinahe restlos erklärt werden kann.
Nicht anders die Kunstform. Und ebensowenig,
wie man eine neu entstehende Lebensform vor-
her zu bestimmen vermag, ebensowenig kann
man auch die Formen einer neuen Kunstrich-
tung voraussagen, dr.-ing. armand weiser—wien.
KURT EDZARD RERLIX. -SITZENDE FRAU«