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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 55.1924-1925

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Corwegh, Robert: Das Malerische und der Halbton
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https://doi.org/10.11588/diglit.9178#0093
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PROF. E. PFEIFFER Ml'N'CHEN.

llFRKN-SCHLAFZIMMER.«

DAS MALERISCHE UND DER HALBTON.

Wenn wir an die Malerei denken, so tritt
vor unsere Vorstellung die Erscheinung
fatbiger Raumformen, so daß für viele Malerei
mit Kunst der Farbe gleichbedeutend ist. Zer-
gliedern wir aber den Begriff des Malerischen,
und suchen wir seinen Sinn in Übertragungen
und Vergleichen zu erfassen, so schwindet die
Übereinstimmung des Malerischen mit dem Far-
bigen. Farbigkeit kann leicht in Buntheit aus-
arten, d. h. in ein Nebeneinander von Farben
ohne Abstimmung ihrer Licht- und Schatten-
werte. Buntheit läßt sich mit einem Orchester
vergleichen, in dem jedes Instrument nach einem
eigenen Vorzeichen, in eigner Tonart spielt.
Die Abstimmung der Licht- und Schattenwerte
schafft die Harmonie des Malerischen. Doch
diese Andeutung läßt das Wesentliche noch
nicht klar erkennen, weil auch die Bildhauer-
kunst mit Licht und Schatten arbeitet. Jede
Erhebung und Vertiefungen auf Stein oder Me-
tall gibt lichtfangende und schattenhaltende Flä-
chen. Wir nennen einen Gegenstand ausgespro-

chen plastisch, wenn die lichthaltenden oder
schattenbildenden Ebenen und Flächen klar in
ihren Umrissen kenntlich sind. Die Plastik for-
dert, daß die Grenzlinien von Licht und Schatten
deutlich zu Tage treten. Wo zwischen die
Grenzlinien sich vermittelnd ein Halbton legt,
beginnt das Reich des Malerischen. Farben
von ausgesprochener Farbigkeit nebeneinander
widersprechen daher dem Malerischen. Sie
nehmen in ihrer Belichtung nicht Rücksicht auf-
einander, und ihre Grenzen stoßen sich hart im
Raum. Der Halbton oder das Helldunkel ist
der Feind der Grenzen und des scharfen Um-
risses. In seine Weichheit eingebettet, ver-
schmelzen die Gegensätze der Farben wie von
Licht und Schatten. Er modelliert besser als
das grelle Licht; denn er vermag der zartesten
Senkung oder Hebung zu folgen.

Bei Rembrandt wird er zum braunen Grund-
ton, bei Leonardo zu einem vermittelnden Grau;
aber in ihm ruht der Wille sich mit jeder Farbe
zu verbinden und jede zu wandeln. Ein Kind
 
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