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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 69.1931-1932

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Hildebrandt, Hans: Glaserzeugnisse der württ. Metallwarenfabrik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7203#0191
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183

WURTT. METALLWARENFABRIK

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GLASERZEUGNISSE DER WÜRTT. METALLWARENFABRIK

VON HANS HILDEBRANDT

Oft genug wirft man unserer Gegenwarts-
kultur vor, daß sie im Bereich des Kunst-
gewerbes sich vom Individuellen und Handwerk-
mäßigen hinweg mehr und mehr der fabrikmäßi-
gen Herstellung unter Zuhilfenahme mechanischer
Hilfsmittel zuwendet. Einen unaufhaltsamen Pro-
zeß kann man durch keine Verwahrung zum Still-
stand bringen — aber man kann ihn so lenken,
daß technisches Fortschreiten nicht kulturelles
Rückschreiten bedeutet. Verfeinerung und Ver-
vollkommnung der neuen Mittel zeigen den rich-
tigen Weg. In ihnen steckt lebendige Überliefe-
rung. Hat sich doch noch jede Zeit der ihr er-
reichbaren wirtschaftlichsten und wirksamsten
Mittel bedient. Was ist also natürlicher, als daß
auch das heutige Kunstgewerbe sich alle Ent-
deckungen der Naturwissenschaften, alle Errun-
genschaften der Technik zu nutze macht?

Dies geschieht in vorbildlicher Weise bei den
geblasenen Gläsern der Württ. Metallwarenfabrik
Geislingen. Alte Tradition und neues Wissen,
Handwerk und Industrie arbeiten hier im Verein
mit der Chemie, um Dinge hervorzubringen, die
bestes Kulturgut früherer Zeiten weitertragen

und dennoch ganz der Gegenwart gehören. Sie
danken ihr Dasein jahrzehntelangen Forschungen
und Versuchen Dr. ing. e. h. Debachs, des Gene-
raldirektors der Fabrik. Faßt man ihr Wesen
in ein paar Worte, so heißt es: Eroberung der
Farbe durch die Glasbläserei. Und zwar nicht
nur der dünnwandigen geblasenen Gläser, son-
dern auch der in Europa selten gefertigten dick-
wandigen, von deren Herrlichkeiten Alt-China
erzählt. Schalen und Vasen aller Formen und
Größen entstehen so, deren aus der Funktion
abgeleitete Grundform auf edle Einfachheit der
Linienführung und der Verhältnisse abzielt, deren
Neu-Bedeutung jedoch in der farbigen Erschei-
nung und in der Strukturgestaltung der Glas-
massen ruht. Alle stoffliche Schwere schwindet.
Sämtliche Töne der Edel- und Halbedelsteine,
das glühende Rot des Rubins und das zarte des
Rosenquarzes, das tiefe Smaragd- und das lichte
Meergrün, strahlendes Gelb, Gletscherblau und
Nachtblau, die Rauchfarben der Topase usw.
werden eingefangen. Hier scheinen Champagner-
perlen aufzusteigen, dort schweben Metallsplitter
in erstarrter Flut, leuchtende Gewächse breiten
 
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