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Neben den Lehrern Tobias Verhaegt (1561-1631) und Adam van
Noort80 (1562-1641) hatte Otto van Veen81 (1556-1629) den
größten Einfluß auf Rubens Entwicklung.82 Allerdings trifft
dies weniger für den künstlerischen als den humanistisch-
philosophischen Bereich zu. Otto van Veens eigene
Ausbildung war durch den Lütticher Humanisten und Maler
Domenicus Lampsonius83 (1526-1599) der Tradition der künst-
lerischen, archäologisch-antiquarischen und humanistisch-
literarischen Vereinigung verhaftet. Lampsonius "Lamberti
Lombardi apud Eburones Pictoris celeberrimi Vita" enthielt
die Antikenstudien seines Lehrers Lambert Lombards sowie
den Versuch, die Quellen der italienischen Meister zu
präzisieren.84 Diese Ausführungen waren Otto van Veen ver-
traut und man kann davon ausgehen, daß Rubens sie in seinen
Lehrjahren kennengelernt hat. Es ist anzunehmen, daß Rubens
eigene Antikenrezeption von dieser Seite mit angeregt
wurde. Van Veen verweilte fünf Jahre in Rom und lernte nach
seiner Rückkehr 1583 Justus Lipsius (1547-1606) kennen, den
Haupt-vertreter des Neostoizismus85. Zwischen ihnen
entwickelte sich, dem Ideal der Stoa folgend, eine
intensive Freundschaft.86 Oberste Maxime der Ethik, die im
Mittelpunkt des Neostoizismus steht, ist laut Seneca die
Forderung, Neigungen und Affekte als der Vernunft
zuwiderlaufend und die Einsicht behindernd zu bekämpfen.
80) Daß Rubens nicht in die Werkstatt des in Antwerpen führenden Altarmalers Marten de
Vos (1532-1603) eintrat, sondern sich Adas van Noort anschloß, läßt entweder auf
ökonomische Gründe oder auf persönliche Empfehlungen schließen., vgl. Müller-Hofstede,
1962, S. 193.
81) Vgl. Piles, Roger de: Conversations sur la Connaissance de la Peinture (...), Paris
1677, S. 181ff.; Haberditzel, F.M.: Die Lehrer des Rubens, in: Jahrbuch der
Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Band XXVII, Heft 5, Wien
1908, S.54ff«; Müller-Hofstede, Justus: Otto van Veen. Lehrer des P.P. Rubens,
Preiburg 1959; Kat. Köln 1977, S. 22ff..
82) "Der Neuschöpfer [Rubens] der filmischen Kunst ging nicht aus der kräftigen,
produktiven Bewegung des Antwerpener Spätmanirlsmus hervor, sondern setzt bei einer
schmalen, konservativen Ausgangsstellung an". Müller-Hofstede, 1962, S. 199.
83) Neben Frans Floris (1519/20-1570) und Hubert Goltzlus (1558-1617) Schüler von
Lambert Lombard (1505-1566), der wiederum Schüler von Jan Gossart (ca. 1478-1532) war
und dessen Antikenzeichnungen und Antikenverarbeitung fortführte, vgl. Kat. Köln
1977, S. 21ff••
84) Die Vita übertrug "(...) die von Vasarl begründete Form der Künstler-Vita zum
erstenmal in die humanistische Literatur der Niederlande", Kat. Köln 1977, S. 24.
85) Vgl. Morford, Hark: Stoics and Neostolcs. Rubens and the circle of Lipsius, New
Jersey 1991; Abel, Günther: Stoizismus und Frühe Neuzeit. Zur Entstehungsgeschichte
modernen Denkens im Felde von Ethik und Politik, Berlin/New York 1978, S. 67Jf..
86) Vgl. Seneca, L. Annaeus: Philosophische Schriften, hrsg. und übersetzt von Manfred
Rosenbach, 4 Bde., Darmstadt 1969-84, 3. Bd., Brief 6, S. 29-33.
Neben den Lehrern Tobias Verhaegt (1561-1631) und Adam van
Noort80 (1562-1641) hatte Otto van Veen81 (1556-1629) den
größten Einfluß auf Rubens Entwicklung.82 Allerdings trifft
dies weniger für den künstlerischen als den humanistisch-
philosophischen Bereich zu. Otto van Veens eigene
Ausbildung war durch den Lütticher Humanisten und Maler
Domenicus Lampsonius83 (1526-1599) der Tradition der künst-
lerischen, archäologisch-antiquarischen und humanistisch-
literarischen Vereinigung verhaftet. Lampsonius "Lamberti
Lombardi apud Eburones Pictoris celeberrimi Vita" enthielt
die Antikenstudien seines Lehrers Lambert Lombards sowie
den Versuch, die Quellen der italienischen Meister zu
präzisieren.84 Diese Ausführungen waren Otto van Veen ver-
traut und man kann davon ausgehen, daß Rubens sie in seinen
Lehrjahren kennengelernt hat. Es ist anzunehmen, daß Rubens
eigene Antikenrezeption von dieser Seite mit angeregt
wurde. Van Veen verweilte fünf Jahre in Rom und lernte nach
seiner Rückkehr 1583 Justus Lipsius (1547-1606) kennen, den
Haupt-vertreter des Neostoizismus85. Zwischen ihnen
entwickelte sich, dem Ideal der Stoa folgend, eine
intensive Freundschaft.86 Oberste Maxime der Ethik, die im
Mittelpunkt des Neostoizismus steht, ist laut Seneca die
Forderung, Neigungen und Affekte als der Vernunft
zuwiderlaufend und die Einsicht behindernd zu bekämpfen.
80) Daß Rubens nicht in die Werkstatt des in Antwerpen führenden Altarmalers Marten de
Vos (1532-1603) eintrat, sondern sich Adas van Noort anschloß, läßt entweder auf
ökonomische Gründe oder auf persönliche Empfehlungen schließen., vgl. Müller-Hofstede,
1962, S. 193.
81) Vgl. Piles, Roger de: Conversations sur la Connaissance de la Peinture (...), Paris
1677, S. 181ff.; Haberditzel, F.M.: Die Lehrer des Rubens, in: Jahrbuch der
Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Band XXVII, Heft 5, Wien
1908, S.54ff«; Müller-Hofstede, Justus: Otto van Veen. Lehrer des P.P. Rubens,
Preiburg 1959; Kat. Köln 1977, S. 22ff..
82) "Der Neuschöpfer [Rubens] der filmischen Kunst ging nicht aus der kräftigen,
produktiven Bewegung des Antwerpener Spätmanirlsmus hervor, sondern setzt bei einer
schmalen, konservativen Ausgangsstellung an". Müller-Hofstede, 1962, S. 199.
83) Neben Frans Floris (1519/20-1570) und Hubert Goltzlus (1558-1617) Schüler von
Lambert Lombard (1505-1566), der wiederum Schüler von Jan Gossart (ca. 1478-1532) war
und dessen Antikenzeichnungen und Antikenverarbeitung fortführte, vgl. Kat. Köln
1977, S. 21ff••
84) Die Vita übertrug "(...) die von Vasarl begründete Form der Künstler-Vita zum
erstenmal in die humanistische Literatur der Niederlande", Kat. Köln 1977, S. 24.
85) Vgl. Morford, Hark: Stoics and Neostolcs. Rubens and the circle of Lipsius, New
Jersey 1991; Abel, Günther: Stoizismus und Frühe Neuzeit. Zur Entstehungsgeschichte
modernen Denkens im Felde von Ethik und Politik, Berlin/New York 1978, S. 67Jf..
86) Vgl. Seneca, L. Annaeus: Philosophische Schriften, hrsg. und übersetzt von Manfred
Rosenbach, 4 Bde., Darmstadt 1969-84, 3. Bd., Brief 6, S. 29-33.