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die regulative Funktion übernehmen - "(...) die affektiven
Bestandteile der Individuen durch eine sichere Normorien-
tierung (...) [ersetzen]"92. Lipsius christlicher
Neostoizismus setzt somit eine Unterordnung des Individuums
unter den Staat voraus, denn erst durch eine "(...)
unanfechtbare Ordnung (...) kann das Ideal der Apathie
verwirklicht werden"93. Die Stoa war für Lipsius kein
"(...) Refugium in einer Zeit politisch-öffentlicher Stürme
(,..)"94, sondern eine "(...) praktische Anleitung zum
Durchhalten"95.

Van Veens vorrangige Begabung lag in der Erstellung und
Verwendung von Emblembüchern, woraus sich unter anderem das
Buch "Q. Horatii Flacci Emblemata"96 entwickelte. Darin
führte er Zitate von Horaz und Seneca an und bekundete im
Vorwort seine Wertschätzung über J. Lipsius. Van Veen war
auf dem Gebiet der Schriften der Stoa bewandert und hatte
die von Lipsius verfaßten Bücher studiert, so daß sich auch
Rubens mit dem Gedankengut des Neostoizismus in ständiger
- Berührung befand.97

Rubens 'Bildungsreise durch Europa* fand seinen Ausgangs-
punkt in Italien, nachdem er in Mantua von Vincenzo Gonzaga
zum Hofmaler ernannt worden war. Während des Aufenthaltes
in Italien konnte er vor Ort und auf seinen Reisen seine
'römische* Ausbildung im Bereich des Geistesgutes des
Abendlandes, der Antike, der Geschichte, der Kirchenlehre
und der italienischen Malerei vertiefen und verfeinern. Die
Interdisziplinität seiner Ausbildung machte ihn zu einem
Künstler, Forscher, Gelehrten und Diplomaten.98
Ein weiterer wichtiger Bezugspunkt war sein Bruder Philipp,
welcher einer der zehn engeren Schüler von Justus Lipsius
in Löwen war. Die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler
wurde mit der Metapher von 'Herkules am Scheideweg’ gleich-

92) Stephan-Maaser, 1992, S. 189. Das von J. Lipsius angastrebta Ordnungsgefüge findet
seinen Höhepunkt ia Absolutisauo, vgl. dazu: Abel, 1978, S. 104ff*.

93) Stephan-Haaser, 1992, S. 190f..

94) Stephan-Haaser, 1992, S. 191.

95) Warnke, Hartin: Kommentare zu Kubans, Berlin 1965, S. 34.

96) Vgl. Veen, Otto van: Quiniti Horatii Placci Eableaata, 2. Ausgabe, Antwerpiae 1612.
Dieses Kableabuch ist eines der ersten, welches die üblichen Komponenten eines
Bableas - Ia—a, Icon, Bpigraaa - nicht mehr vereinigte, sondern Bild und Text auf
getrennten Seiten komponierte.

97) Vgl. Horford, 1991, S. 139ff.«

98) Zu Rubens Aufenthalt in Italien vgl. Jaffd, H«: Rubens in Italy, Oxford 1977.
 
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