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ODYSSEUS ERZÄHLT SEINE IRRFAHRTEN
12.un versehrt und denkst nur an die Heimkehr, dann dürftet ihr,
wenn auch unter großen Leiden, nach Jthaka kommen; ver-
140 letzt du sie aber, dann weissage ich deinen Schiffen und dei-
nen Gefährten den Untergang, und solltest du selbst ihm ent-
rinnen, so wirst du doch erst spät und in elendem Zustand
nach Hause kommen, nachdem du alle Genossen verloren.“
So sprach sie. Alsbald nahte die goldthronende Eos. Die er-
habene Kirke kehrte durch die Insel nach dem Palast zurück.
Ich aber ging zum Schiff und trieb die Gefährten an, einzu-
steigen und die Taue zu lösen. Sie stiegen sofort ein und setz-
ten sich an die Ruderpflöcke. Kirke aber, die gewaltige,
150 sangeskundige Göttin, sandte einen günstigen, segelschwellen-
den Wind hinter dem dunkelgeschnäbelten Schiff her, als
guten Begleiter. Wir banden alles Tauwerk fest und setzten
uns nieder. Der Wind und der Steuermann lenkten.
Da begann ich voller Wehmut zu den Gefährten: „Freunde,
nicht einer oder zwei nur sollen der Götter Willen kennen,
den mir die erhabene Kirke verkündet. Ich sage ihn euch
allen, damit ihr ihn wißt, mögen wir nun untergehn oder dem
Verderben entfliehn. Zuerst warnt uns die Göttin vor dem Ge-
sang und den blumigen Auen der wunderbaren Sirenen. Nur
160 ich soll sie hören. Doch sollt ihr mich fesseln, und zwar auf-
recht am Mast, damit ich an Ort und Stelle bleibe. Die Seile
sollen fest geknüpft sein. Wenn ich bitte und befehle, sie zu
lösen, so sollt ihr mich noch fester binden.“
Die Sirenen.
Dies alles legte ich den Freunden dar. Inzwischen näherte
sich das schöngebaute Schiff schnell der Insel der Sirenen,
denn es wehte ein günstiger Wind. Plötzlich aber kam er
zur Ruhe, und das Meer lag glatt und still. Eine Gottheit
170 hatte die Wogen besänftigt. Die Gefährten erhoben sich, roll-
ODYSSEUS ERZÄHLT SEINE IRRFAHRTEN
12.un versehrt und denkst nur an die Heimkehr, dann dürftet ihr,
wenn auch unter großen Leiden, nach Jthaka kommen; ver-
140 letzt du sie aber, dann weissage ich deinen Schiffen und dei-
nen Gefährten den Untergang, und solltest du selbst ihm ent-
rinnen, so wirst du doch erst spät und in elendem Zustand
nach Hause kommen, nachdem du alle Genossen verloren.“
So sprach sie. Alsbald nahte die goldthronende Eos. Die er-
habene Kirke kehrte durch die Insel nach dem Palast zurück.
Ich aber ging zum Schiff und trieb die Gefährten an, einzu-
steigen und die Taue zu lösen. Sie stiegen sofort ein und setz-
ten sich an die Ruderpflöcke. Kirke aber, die gewaltige,
150 sangeskundige Göttin, sandte einen günstigen, segelschwellen-
den Wind hinter dem dunkelgeschnäbelten Schiff her, als
guten Begleiter. Wir banden alles Tauwerk fest und setzten
uns nieder. Der Wind und der Steuermann lenkten.
Da begann ich voller Wehmut zu den Gefährten: „Freunde,
nicht einer oder zwei nur sollen der Götter Willen kennen,
den mir die erhabene Kirke verkündet. Ich sage ihn euch
allen, damit ihr ihn wißt, mögen wir nun untergehn oder dem
Verderben entfliehn. Zuerst warnt uns die Göttin vor dem Ge-
sang und den blumigen Auen der wunderbaren Sirenen. Nur
160 ich soll sie hören. Doch sollt ihr mich fesseln, und zwar auf-
recht am Mast, damit ich an Ort und Stelle bleibe. Die Seile
sollen fest geknüpft sein. Wenn ich bitte und befehle, sie zu
lösen, so sollt ihr mich noch fester binden.“
Die Sirenen.
Dies alles legte ich den Freunden dar. Inzwischen näherte
sich das schöngebaute Schiff schnell der Insel der Sirenen,
denn es wehte ein günstiger Wind. Plötzlich aber kam er
zur Ruhe, und das Meer lag glatt und still. Eine Gottheit
170 hatte die Wogen besänftigt. Die Gefährten erhoben sich, roll-