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JACOPO SANSOVINO.
Trag- und WiderFandsfahigkeit der Seitenmauern zu erhöhen, liefs Sanfovino in
Zwiichenräumen von fünf Fufs eiferne Klammern von Mauer zu Mauer ziehen.
Der Bau der Decke nahm jedoch längere Zeit in Anbruch, als er erwartet hatte.
Der Froft kam dazwischen; aber der MeiFer, begierig fein Werk zu vollenden
liefs nichtsdeFoweniger Weiterarbeiten, und um die Mitte des Dezembers war die
Decke eingewölbt. Da, am 18. diefes Monats, einem Freitage, in der Nacht um
ein Uhr erfolgte die KataFrophe, welche den Schöpfer der Libreria von der
Höhe feines Glückes und feines Ruhmes herabFürzte. Wie Sanfovino die Sache
fpäter darFellte, hatten die Maurer die Stützbalken noch an demfelben Tage weg-
genommen, als die letzte Hand an's Werk gelegt worden war. Ein Theil der
Decke, und zwar die Seite nach dem Glockenthurme zu, Fürzte zufammen. Wie
gewöhnlich bei fblchen Anläffen, übertrieb das Gerücht die Thatfachen um ein
Bedeutendes. Die Nachricht von der KataFrophe verbreitete fich mit Blitzes-
schnelle durch ganz Venedig, und fchon um vier Uhr drang fie zu Aretino, der
von grofser Beforgnifs für den Freund erfüllt wurde. Ein voreiliger Diener der
Gerechtigkeit bemächtigte Feh fofort des unglücklichen BaumeiFers und Feckte
ihn ins Gefängnifs. Aber feine Freunde, Aretino und der Dichter und Bildhauer
Danelo Cattaneo, ein Schüler SanfbvinoT, fetzten unverzüglich alle Hebel in Be-
wegung, um die Freilassung des Gefangenen zu erwirken, was ihnen auch bald
gelang. Seine Verhaftung Feilte Feh als ein MifsverFändniis heraus, und der
voreilige Sbirre wanderte an Seiner Stelle ins Gefängnifs. Aber diefe Verhaftung
war nur das KleinFe der Mifsgefchicke, welche den MeiFer trafen. Er wurde
fofort aller feiner Aemter und Obliegenheiten enthoben und ihm der Procefs ge-
macht, der mit feiner Verurtheilung zu einer Geldbufse von taufend Ducaten
endete. Als Uriache des EinFurzes wurde von den Einen die Eile angeführt, mit
welcher gemauert worden war, von Anderen der plötzlich eingetretene FroF, von
Anderen endlich die Unerfahrenheit der Maurer und zum Theil auch die Erschüt-
terung , welche dadurch herbeigeführt worden war, dafs ein Schiff im Hafen
mehrere Kanonenichüffe abgefeuert hatte.
Sanfovino brauchte die Strafe nicht baar zu erlegen. Er hatte noch 600 Du-
caten für die BronzeFatuen an der Loggetta und 300 weitere für drei von den Sechs
Bronzereliefs zu fordern, welche in malerifchem Vortrag und lebhaft bewegten
Actionen Scenen aus dem Leben des h. Markus darFellen und Feh gegenwärtig im
Chor von S. Marco beFnden. Die Abrechnung fand am 10. Februar 1346 Fatt. In-
zwischen hatte Aretino zu GunFen feines Freundes eine wahrhaft rührende Thätig-
keit entfaltet. Gleich nach deffen Verhaftung hatte er einen ungemein ialbungs-
vollen TroFbrief an Paola Sanfovino — man weifs nicht, ob Fe die Gattin oder
die Tochter des MeiFers war — geschrieben, und dann fetzte er alle feine Gönner
und alle, die ihm irgendwie verpFichtet waren oder ihn zu furchten Urfäche
hatten, in Bewegung, um das Schickfal des bedrängten KünFlers zu mildern und
ihm das Verlorene wiederzugewinnen. Vornehmlich kam es ihm darauf an, die
Angelegenheit, welche mit grofser Schnelligkeit in ganz Italien bekannt geworden
war, in einem für Sanfovino möglichF günFigen Lichte darzuFellen. Er wuiste,
dafs die Neider SanfovinoT die Sache übertrieben und zu ihrem Vortheile aus-
gebeutet hatten. Namentlich waren ihm herbe Urtheile Sammicchelfs und Tri-
boloT zu Ohren gekommen. Auf beide ergofs er nun die Schaale Seines Zornes,
und da er dem erFeren, wie es Schien, nicht beikommen konnte, hielt er Feh an
JACOPO SANSOVINO.
Trag- und WiderFandsfahigkeit der Seitenmauern zu erhöhen, liefs Sanfovino in
Zwiichenräumen von fünf Fufs eiferne Klammern von Mauer zu Mauer ziehen.
Der Bau der Decke nahm jedoch längere Zeit in Anbruch, als er erwartet hatte.
Der Froft kam dazwischen; aber der MeiFer, begierig fein Werk zu vollenden
liefs nichtsdeFoweniger Weiterarbeiten, und um die Mitte des Dezembers war die
Decke eingewölbt. Da, am 18. diefes Monats, einem Freitage, in der Nacht um
ein Uhr erfolgte die KataFrophe, welche den Schöpfer der Libreria von der
Höhe feines Glückes und feines Ruhmes herabFürzte. Wie Sanfovino die Sache
fpäter darFellte, hatten die Maurer die Stützbalken noch an demfelben Tage weg-
genommen, als die letzte Hand an's Werk gelegt worden war. Ein Theil der
Decke, und zwar die Seite nach dem Glockenthurme zu, Fürzte zufammen. Wie
gewöhnlich bei fblchen Anläffen, übertrieb das Gerücht die Thatfachen um ein
Bedeutendes. Die Nachricht von der KataFrophe verbreitete fich mit Blitzes-
schnelle durch ganz Venedig, und fchon um vier Uhr drang fie zu Aretino, der
von grofser Beforgnifs für den Freund erfüllt wurde. Ein voreiliger Diener der
Gerechtigkeit bemächtigte Feh fofort des unglücklichen BaumeiFers und Feckte
ihn ins Gefängnifs. Aber feine Freunde, Aretino und der Dichter und Bildhauer
Danelo Cattaneo, ein Schüler SanfbvinoT, fetzten unverzüglich alle Hebel in Be-
wegung, um die Freilassung des Gefangenen zu erwirken, was ihnen auch bald
gelang. Seine Verhaftung Feilte Feh als ein MifsverFändniis heraus, und der
voreilige Sbirre wanderte an Seiner Stelle ins Gefängnifs. Aber diefe Verhaftung
war nur das KleinFe der Mifsgefchicke, welche den MeiFer trafen. Er wurde
fofort aller feiner Aemter und Obliegenheiten enthoben und ihm der Procefs ge-
macht, der mit feiner Verurtheilung zu einer Geldbufse von taufend Ducaten
endete. Als Uriache des EinFurzes wurde von den Einen die Eile angeführt, mit
welcher gemauert worden war, von Anderen der plötzlich eingetretene FroF, von
Anderen endlich die Unerfahrenheit der Maurer und zum Theil auch die Erschüt-
terung , welche dadurch herbeigeführt worden war, dafs ein Schiff im Hafen
mehrere Kanonenichüffe abgefeuert hatte.
Sanfovino brauchte die Strafe nicht baar zu erlegen. Er hatte noch 600 Du-
caten für die BronzeFatuen an der Loggetta und 300 weitere für drei von den Sechs
Bronzereliefs zu fordern, welche in malerifchem Vortrag und lebhaft bewegten
Actionen Scenen aus dem Leben des h. Markus darFellen und Feh gegenwärtig im
Chor von S. Marco beFnden. Die Abrechnung fand am 10. Februar 1346 Fatt. In-
zwischen hatte Aretino zu GunFen feines Freundes eine wahrhaft rührende Thätig-
keit entfaltet. Gleich nach deffen Verhaftung hatte er einen ungemein ialbungs-
vollen TroFbrief an Paola Sanfovino — man weifs nicht, ob Fe die Gattin oder
die Tochter des MeiFers war — geschrieben, und dann fetzte er alle feine Gönner
und alle, die ihm irgendwie verpFichtet waren oder ihn zu furchten Urfäche
hatten, in Bewegung, um das Schickfal des bedrängten KünFlers zu mildern und
ihm das Verlorene wiederzugewinnen. Vornehmlich kam es ihm darauf an, die
Angelegenheit, welche mit grofser Schnelligkeit in ganz Italien bekannt geworden
war, in einem für Sanfovino möglichF günFigen Lichte darzuFellen. Er wuiste,
dafs die Neider SanfovinoT die Sache übertrieben und zu ihrem Vortheile aus-
gebeutet hatten. Namentlich waren ihm herbe Urtheile Sammicchelfs und Tri-
boloT zu Ohren gekommen. Auf beide ergofs er nun die Schaale Seines Zornes,
und da er dem erFeren, wie es Schien, nicht beikommen konnte, hielt er Feh an