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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,3): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1879

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Janitschek, Hubert: Die Caracci: Lodovico, geb. in Bologna 1555, gest. daselbst 1619 : Agostino, geb. ebenda 1557, gest. in Parma 1602 : Annibale, geb. ebenda 1560, gest. in Rom 1609
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https://doi.org/10.11588/diglit.36093#0496

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DIE CARACCI.

dovico's für Correggio, deffen Einhufs Reh nicht nur in den verfuchten Hell-
dunkel-Effecten, londern auch in dem Formentypus der Madonna kund gibt; die
finnliche Grazie Correggio's iE freilich der fchroffen Männlichkeit LodovicoS un-
zugänglich. Auch Annibale liefs abwechfelnd Correggio und Paolo Veronefe auf
hch wirken; feine eigene frifche Natur kam im Tafelbild viel weniger zum Durch-
bruch als im Fresco. Das zeigt ebenfo feine Affunta in Dresden, die er 1387
für die Brüderfchaft des hl. Rochus in Reggio malte, wie eine Pieta, welche früher
auf dem Hauptaltar der Capuzinerkirche in Parma hch befand und jetzt in der
dortigen Galerie aufgehellt ih (Nr. 169). Hier wie dort herrfcht der Einhufs
Correggio's, ganz paolesk dagegen ih eine Affunta in der Galerie in Bologna
(Nr. 38, früher S. Francesco), die jener Zeit des Experimentirens zugewiefen
werden mufs; in einer Santa Converfazione endlich aus eben diefer Zeit (Bologna,
Pinakothek Nr. 37) ih das Programm des Agohino in einer Weife erreicht, wie
dies nur immer bei gutem Willen und tüchtigen Können möglich ih. Agohino,
der immer mehr mit dem Grabhichel befchäftigt war als mit dem Pinfel, malte
1386 für Parma gleichfalls eine Santa Converfazione (Galerie Farnefe Nr. 188),
welche in der Compohtion und der Auffaffung der Charaktere, in dem vornehmen
Faltenwurf der Gewandung durchaus an die grofsen Venezianer erinnert; die
Farbengebung aber zeigt ein erfolggekröntes Streben, die Klarheit und den Zauber
von CorreggioS Helldunkel zu erreichen.
Es folgt nun wieder ein gemeinfames Werk der Caracci: die Fresken in
einem Saale des Palazzo Magnani.(^) Der Palazzo Magnani war von Domenico
Tibaldi feit 1577 erbaut worden; Fudovico erhielt den Auftrag, mit feinen
beiden Vettern einen oberen Randhreif im Saale mit den Darhellungen aus
dem Mythus von Romulus und Remus zu fchmücken. Der Streif wurde in
vierzehn Compartimente getheilt, die von einander durch Gefimsträger, welche
wieder von Putten umfpielt find, in Chiaroscuro getrennt werden. Eine Schei-
dung des Eigenguts jedes Einzelnen wage ich nicht vorzunehmen; Malvaha ver-
lucht eine folche, doch erfcheint mir diefelbe lehr willkürlich. Ich glaube, dafs
AgohinoV Antheil in der Hauptfache im Ornamentalen zu luchen ih, das ganz
feine Präcihon der Zeichnung aufweih. Auch die Anordnung und Vertheilung
des gefchichtlichen Stoffes, die mitlaufenden knappen lateinifchen Infchriiten dürften
auf ihn zurückzuführen fein. Am ehehen vermag man den Arbeitstheil von An-
nibale und Ludovico zu fondern; Ludovico liebt mächtige Verhältniffe, feine Zeich-
nung ih hreng, aber feine Formen find etwas aufgebaufcht; dagegen bewegt hch
Annibale im Fresco frei von jedem Pathos, er ih von anmuthiger Natürlichkeit,
die auch manchen derben Zug unterlaufen läfst.
Nach Vollendung diefer Arbeit, im Jahre 1589, ging Agohino nach Venedig,
um die grofse ^Kreuzigungn TintorettoS in der Scuola di San Rocco zu hechen.
Er liefs hch dabei einige Freiheiten in der Wiedergabe des Originals zu
Schulden kommen; doch Tintoretto felbh war fo entzückt über die Arbeit, dafs
er beim erhen Anblick derfelben Agohino umarmte und küfste und ihm fagte,
er habe in der Wiedergabe das Original übertroffen.
Agohino verweilte gerne in Venedig; Liebe und Freundfchaft feffelten ihn
an diefe Stadt. Schon während feines erhen Aufenthalts hatte er mit einer
Venezianerin, Ifabella, die im Pfarrbezirke Sta. Lucia wohnte, ein intimes Ver-
hältnis angeknüpft; ein Sohn, der hochbegabte Antonio, war die Frucht deffelben.
 
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