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DIE MALERSCHULE VON BOLOGNA.
Guido Reni war in Neapel gar nicht zur Arbeit gekommen; auch in Rom
war lein Aufenthalt nur ein kurzer gewefen. Im St. Peter tollte er ein Fresco den
»Abzug AttilaL von Rom« malen; doch die Intriguen feines einzigen Schülers
Sementi verleideten ihm die Arbeit fo lehr, dafs er die von der Bauverwaltung
bereits erhaltene Cabarra von $00 Dukaten zurückftellte und nach Bologna zurück-
kehrte. Schon im April 1622 war er dort angelangt; am 22. April deffelben
Jahres fchlofs er mit den Vorftehern der Seidenzunft einen Vertrag ab,, in welchem
er lieh verpflichtete,, in der Frift von 1$ Monaten ein Bild von 2$ Figuren, das
die Seligkeit des Ffiob darftellen tollte., um den Preis von ßooo Liren zu malen;
als Anzahlung erhielt er fofort 1000 Liren.
Guido hat von diefem Zeitpunkt an die Stadt nicht mehr für längere Zeit
verladen, genofs er doch hier eines Anfehens, das feiner Bedeutung völlig ent-
fprach. Er ward von den niedrigen Volksklaffen in demfelben Mafse geliebt, als
er von dem Adel, den geiftlichen und weltlichen Würdenträgern hochgefchätzt
würde. An zahlreichen Schülern mangelte es ihm niemals; und wie viel Undank
er auch an einzelnen derfelben erlebte, der Geduld und Liebe, mit der er tie
behandelte, hat dies keinen Eintrag gethan. Er hatte einen hohen Refpect vor
der Kunfl, ohne jedoch auf die perfonliche Begabung eitel zu fein; das gab feinem
Auftreten Würde, wem immer er gegenüberftand. Kein Wort und keine Hand-
lung kennen wir von ihm, die ihn als Schmeichelnden oder Bittenden den Grofsen
gegenüber erfcheinen liefse; im Gegentheil, er hat die Würde feines Berufs bis
zur Schroffheit vorgekehrt. Nur Einer Leidenfchaft war er unterthan, die, wach-
fend mit den Jahren, zum Mindeften der künftlerischen Solidität gefährlich wurde:
der Leidenfchaft für das Spiel. Ein grofser Verhaft ift nicht feiten die Mufe, die
ihn zur Staffelei treibt.
Pecuniäre Bedrängnifs war es, die auch jetzt Guido nicht zur Erfüllung feines
Vertrages kommen liefs, fondern ihn bewog, zunächft eine Reihe anderer Aufträge
zu erledigen. So malte er gleich nach feiner Ankunft eine »Taufe ChriPi«, die
nach Flandern kam; für Francesco Maria Zambecari entftand der »Triumph
Simfon's über die PhiliPer«, ein Bild, das in lauterem Goldton Prahlt und in
dem aus Colorit und bewegter Zeichnung die reinfte Freudigkeit wie heller
Jubel hervorbricht. »Ein Raub der Europa«, den er für den Herzog von
Guaftalla malte, welcher ihn nach Spanien verfchenkte, von wo er dann nach
Venedig kam, ift wohl jenes Bild, das fleh heute in Petersburg (Eremitage
Nr. 18g) befindet. Für den Franzofen Criqui entftand ein »David« (jetzt Louvre
Nr. ßio) und eine »Judith« (Replik im Palazzo Adorno in Genua) — letztere von
edler Auffaffung und trefflicher Farbenwirkung. Ein »h. Rochus«, der für Carpi
beftimmt war (jetzt in der Galerie in Modena Nr. ß/$) mochte an feiner
früheren Stelle günftig wirken, am heutigen Platze Poren die coloffalen Ver-
hältniPe. Für den Abbate Gavotti malte Guido eine »Fortuna«, wahrfcheinlich
das Exemplar der Akademie S. Luca in Rom (ein anderes in der kgl. Galerie
in Berlin). Ueber dem Erdball fchwebt die fchöne GePalt, in der hoch empor-
gePrekten Rechten die Krone haltend; der Wind baufcht die lofe flatternde
Hülle und treibt die üppige Lockenflut nach links hin; ein Genius hält lieh wie
fpielend an dem Gewände fep. Sieghafte Schönheit iP Linien und Farbe diefes
Bildes eigen. Eine »Cleopatra«, die Guido zum erPen Male für den Grafen Andrea
Barbazzi ausführte, hat er mehrmals wiederholt. Die fchönPen Exemplare Pnd
DIE MALERSCHULE VON BOLOGNA.
Guido Reni war in Neapel gar nicht zur Arbeit gekommen; auch in Rom
war lein Aufenthalt nur ein kurzer gewefen. Im St. Peter tollte er ein Fresco den
»Abzug AttilaL von Rom« malen; doch die Intriguen feines einzigen Schülers
Sementi verleideten ihm die Arbeit fo lehr, dafs er die von der Bauverwaltung
bereits erhaltene Cabarra von $00 Dukaten zurückftellte und nach Bologna zurück-
kehrte. Schon im April 1622 war er dort angelangt; am 22. April deffelben
Jahres fchlofs er mit den Vorftehern der Seidenzunft einen Vertrag ab,, in welchem
er lieh verpflichtete,, in der Frift von 1$ Monaten ein Bild von 2$ Figuren, das
die Seligkeit des Ffiob darftellen tollte., um den Preis von ßooo Liren zu malen;
als Anzahlung erhielt er fofort 1000 Liren.
Guido hat von diefem Zeitpunkt an die Stadt nicht mehr für längere Zeit
verladen, genofs er doch hier eines Anfehens, das feiner Bedeutung völlig ent-
fprach. Er ward von den niedrigen Volksklaffen in demfelben Mafse geliebt, als
er von dem Adel, den geiftlichen und weltlichen Würdenträgern hochgefchätzt
würde. An zahlreichen Schülern mangelte es ihm niemals; und wie viel Undank
er auch an einzelnen derfelben erlebte, der Geduld und Liebe, mit der er tie
behandelte, hat dies keinen Eintrag gethan. Er hatte einen hohen Refpect vor
der Kunfl, ohne jedoch auf die perfonliche Begabung eitel zu fein; das gab feinem
Auftreten Würde, wem immer er gegenüberftand. Kein Wort und keine Hand-
lung kennen wir von ihm, die ihn als Schmeichelnden oder Bittenden den Grofsen
gegenüber erfcheinen liefse; im Gegentheil, er hat die Würde feines Berufs bis
zur Schroffheit vorgekehrt. Nur Einer Leidenfchaft war er unterthan, die, wach-
fend mit den Jahren, zum Mindeften der künftlerischen Solidität gefährlich wurde:
der Leidenfchaft für das Spiel. Ein grofser Verhaft ift nicht feiten die Mufe, die
ihn zur Staffelei treibt.
Pecuniäre Bedrängnifs war es, die auch jetzt Guido nicht zur Erfüllung feines
Vertrages kommen liefs, fondern ihn bewog, zunächft eine Reihe anderer Aufträge
zu erledigen. So malte er gleich nach feiner Ankunft eine »Taufe ChriPi«, die
nach Flandern kam; für Francesco Maria Zambecari entftand der »Triumph
Simfon's über die PhiliPer«, ein Bild, das in lauterem Goldton Prahlt und in
dem aus Colorit und bewegter Zeichnung die reinfte Freudigkeit wie heller
Jubel hervorbricht. »Ein Raub der Europa«, den er für den Herzog von
Guaftalla malte, welcher ihn nach Spanien verfchenkte, von wo er dann nach
Venedig kam, ift wohl jenes Bild, das fleh heute in Petersburg (Eremitage
Nr. 18g) befindet. Für den Franzofen Criqui entftand ein »David« (jetzt Louvre
Nr. ßio) und eine »Judith« (Replik im Palazzo Adorno in Genua) — letztere von
edler Auffaffung und trefflicher Farbenwirkung. Ein »h. Rochus«, der für Carpi
beftimmt war (jetzt in der Galerie in Modena Nr. ß/$) mochte an feiner
früheren Stelle günftig wirken, am heutigen Platze Poren die coloffalen Ver-
hältniPe. Für den Abbate Gavotti malte Guido eine »Fortuna«, wahrfcheinlich
das Exemplar der Akademie S. Luca in Rom (ein anderes in der kgl. Galerie
in Berlin). Ueber dem Erdball fchwebt die fchöne GePalt, in der hoch empor-
gePrekten Rechten die Krone haltend; der Wind baufcht die lofe flatternde
Hülle und treibt die üppige Lockenflut nach links hin; ein Genius hält lieh wie
fpielend an dem Gewände fep. Sieghafte Schönheit iP Linien und Farbe diefes
Bildes eigen. Eine »Cleopatra«, die Guido zum erPen Male für den Grafen Andrea
Barbazzi ausführte, hat er mehrmals wiederholt. Die fchönPen Exemplare Pnd