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CARAVAGGIO.
gezeichnet und copirt, wonach dann die Stiche von Suyderhoef und Soutman
entbanden find.
Caravaggio hat die tragifche Wucht diefes Werkes wohl nie wieder erreicht,
doch von ähnlich ergreifender Wirkung ift auch leine Grablegung im Muleum zu
Berlin (früher in der Sammlung Giuftiniani) mit der tief empfundenen Maria Mag-
dalena, welche die Hand ihres Heilandes küfst; fehr lebendig in dramatifcher
Auffaffung »der junge Tobias leinen erblindeten Vater mit der Fifchgalle hei-
lend«, und nicht unedel die »thronende Madonna, welche durch die heiligen
Petrus Martyr und Dominicus Rofenkränze unter das Volk austheilen lälst«, beide
im Belvedere zu Wien. Bei letzterem Bilde erfcheint namentlich der Stifter fehr
lebendig individualilirt und technifch vorzüglich behandelt, und die Köpfe der
Heiligen lind von würdigem Ausdruck. Dagegen weniger erfreulich, mehr Grauen
als Mitleid erregend, fcheint die Kreuzigung Petri in der Ermitage zu lein,
an welcher Waagen indefs treffliche Einzelheiten, namentlich die Verkürzung
des lieh emporkrümmenden Oberkörpers Petri, fbwie die breite lichere Aus-
führung in einem warmen tiefen Tone rühmt. Er bemerkt dazu, dals man
den grofsen Eindruck, welchen diefes Bild auf Rubens, als er es in Rom
Iah, gemacht, noch in der von dielem etwa dreifsig Jahre fpäter gemalten Vor-
ftellung deffelben Gegenltandes für die Petrikirche zu Köln erkennen könne.
Minder des Lobes werth fbwohl im Gefühl wie in der Farbe erlchien demlelben
Gewährsmann ebendort die Dornenkrönung Chrifti, wogegen er zwei Gemälde
der Sammlung in Burleighouse (England), »Petrus verleugnet den Herrn« und »die
keulche Sufänna« fehr hervorhebt. An diefem rühmt er belbnders die ungewöhn-
liche Discretion, mit der der Gegenltand aufgefalst fei.
England befitzt aufserdem in feiner Nationalgalerie ein lehr charakteriftifches
Werk des Meibers: Chriftus mit den zwei Jüngern in Emmaus neblt dem
Wirth in halblebensgrofsen Figuren. Wiederum nicht die leifebe Bemühung,
diefen in dem pfychilchen Uebergewicht einer höheren Natur wurzelnden Vor-
gang iifs Ideale zu erheben, fondern Chribus nur ein tüchtiger Menfch und die
Jünger vulgäre Naturen, aber alle in ihrer Art voll markiger Kraft und über-
zeugender Unmittelbarkeit. Befonders hervorzuheben find dabei die meiberhaft
ausgeführten Nebendinge. Beilori (Le vite de' Pittori etc., Roma 1728), erwähnt
drei verfchiedene Exemplare dieles Gegenbandes von Caravaggio. Das erbe, fünf
Figuren enthaltend, malte er zu Rom für den Marchefe Patrizj, das zweite ent-
band im Auftrag des Cardinais Scipione Borghefe ebenfalls in Rom und das
dritte in Zagarolo nach Caravaggio's Flucht aus Rom für jenen Herzog Marzio
Colonna. Das Bild in London, das zweite von den dreien, befand lieh früher
in der Galerie Borghefe zu Rom und kam alsdann in den Belitz des Lord Vernon,
der es der Nationalgalerie im Jahre i8ßp fchenkte.
Von feinen biblilchen Compofitionen hnd als die bedeutendben noch folgende
hervorzuheben: »Judith mit dem Haupte des Holofernes« in der Sammlung des
Kapitols, »Chribus als Knabe im Tempel lehrend« und »der Zinsgrofchen«, beide
in den Uffizien, »Petrus verleugnet Chribus« im Palazzo Marcello Durazzo zu Genua,
»die Bekehrung des Paulus«, vorzüglich in malerifcher Behandlung, im Pal. Balbi-
Piovera, und »die Auferweckung des Lazarus« im Pal. Brignole ebendort. Ferner
»die Samariterin mit Chribus am Brunnen« und »der h. Sebabian« in der Brera
zu Mailand, eine dritte Grablegung im Muleum zu Madrid, »Chribus am Oelberge
CARAVAGGIO.
gezeichnet und copirt, wonach dann die Stiche von Suyderhoef und Soutman
entbanden find.
Caravaggio hat die tragifche Wucht diefes Werkes wohl nie wieder erreicht,
doch von ähnlich ergreifender Wirkung ift auch leine Grablegung im Muleum zu
Berlin (früher in der Sammlung Giuftiniani) mit der tief empfundenen Maria Mag-
dalena, welche die Hand ihres Heilandes küfst; fehr lebendig in dramatifcher
Auffaffung »der junge Tobias leinen erblindeten Vater mit der Fifchgalle hei-
lend«, und nicht unedel die »thronende Madonna, welche durch die heiligen
Petrus Martyr und Dominicus Rofenkränze unter das Volk austheilen lälst«, beide
im Belvedere zu Wien. Bei letzterem Bilde erfcheint namentlich der Stifter fehr
lebendig individualilirt und technifch vorzüglich behandelt, und die Köpfe der
Heiligen lind von würdigem Ausdruck. Dagegen weniger erfreulich, mehr Grauen
als Mitleid erregend, fcheint die Kreuzigung Petri in der Ermitage zu lein,
an welcher Waagen indefs treffliche Einzelheiten, namentlich die Verkürzung
des lieh emporkrümmenden Oberkörpers Petri, fbwie die breite lichere Aus-
führung in einem warmen tiefen Tone rühmt. Er bemerkt dazu, dals man
den grofsen Eindruck, welchen diefes Bild auf Rubens, als er es in Rom
Iah, gemacht, noch in der von dielem etwa dreifsig Jahre fpäter gemalten Vor-
ftellung deffelben Gegenltandes für die Petrikirche zu Köln erkennen könne.
Minder des Lobes werth fbwohl im Gefühl wie in der Farbe erlchien demlelben
Gewährsmann ebendort die Dornenkrönung Chrifti, wogegen er zwei Gemälde
der Sammlung in Burleighouse (England), »Petrus verleugnet den Herrn« und »die
keulche Sufänna« fehr hervorhebt. An diefem rühmt er belbnders die ungewöhn-
liche Discretion, mit der der Gegenltand aufgefalst fei.
England befitzt aufserdem in feiner Nationalgalerie ein lehr charakteriftifches
Werk des Meibers: Chriftus mit den zwei Jüngern in Emmaus neblt dem
Wirth in halblebensgrofsen Figuren. Wiederum nicht die leifebe Bemühung,
diefen in dem pfychilchen Uebergewicht einer höheren Natur wurzelnden Vor-
gang iifs Ideale zu erheben, fondern Chribus nur ein tüchtiger Menfch und die
Jünger vulgäre Naturen, aber alle in ihrer Art voll markiger Kraft und über-
zeugender Unmittelbarkeit. Befonders hervorzuheben find dabei die meiberhaft
ausgeführten Nebendinge. Beilori (Le vite de' Pittori etc., Roma 1728), erwähnt
drei verfchiedene Exemplare dieles Gegenbandes von Caravaggio. Das erbe, fünf
Figuren enthaltend, malte er zu Rom für den Marchefe Patrizj, das zweite ent-
band im Auftrag des Cardinais Scipione Borghefe ebenfalls in Rom und das
dritte in Zagarolo nach Caravaggio's Flucht aus Rom für jenen Herzog Marzio
Colonna. Das Bild in London, das zweite von den dreien, befand lieh früher
in der Galerie Borghefe zu Rom und kam alsdann in den Belitz des Lord Vernon,
der es der Nationalgalerie im Jahre i8ßp fchenkte.
Von feinen biblilchen Compofitionen hnd als die bedeutendben noch folgende
hervorzuheben: »Judith mit dem Haupte des Holofernes« in der Sammlung des
Kapitols, »Chribus als Knabe im Tempel lehrend« und »der Zinsgrofchen«, beide
in den Uffizien, »Petrus verleugnet Chribus« im Palazzo Marcello Durazzo zu Genua,
»die Bekehrung des Paulus«, vorzüglich in malerifcher Behandlung, im Pal. Balbi-
Piovera, und »die Auferweckung des Lazarus« im Pal. Brignole ebendort. Ferner
»die Samariterin mit Chribus am Brunnen« und »der h. Sebabian« in der Brera
zu Mailand, eine dritte Grablegung im Muleum zu Madrid, »Chribus am Oelberge