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SPAGNOLETTO.
zahlreichften zu treffen, befbnders im Mufeum zu Madrid, das 58 Werke von
ihm bektzt. (Siehe unten das Verzeichnis.)
Dabei lebte er auf grofsem Fufs und liefs viele feiner Aufträge durch die
Hand der zahlreichen Schüler nach feinen Entwürfen ausführen, während er felbft
nur wenige beftimmte Stunden des Tages arbeitete.
Doch nahm er es lhets ernft mit feiner Kunft, und die virtuofenhafte Leicht-
fertigkeit eines Fa presto, feines Schülers, ift nicht von ihm ererbt. Feft und
kcher ift: das Gefüge feiner anatomifch vortrefflich gefchulten Zeichnung, er
ifl darin beweglicher und mannigfaltiger, als fein Vorbild Caravaggio. Die
Pfychologie des edlen und unedlen Fanatismus hndet bei ihm eine reiche Scala,
die er mit feinen Gebilden auf und ab Leigt. Da fchildert er uns in feinen
Martyrien nicht allein die kalte Bosheit des Henkers und die frenetilche Wuth
des Pöbels, fondern auch den glaubensftarken Todesmuth des Opfers, verkörpert
uns in feinen beliebten Halbfigurenbildern den Cynismus eines Diogenes, den
Scharffinn eines Archimedes und die Eigenart anderer antiken Philofophen und
läfst uns tief in das zerknirfchte weltflüchtige und doch fb fiegreich mit der
Sünde ringende Herz des hl. Hieronymus blicken, feines Lieblingsheiligen, dem
feine Hand wohl mehr als einhalbhundertmal Leben im Bilde verliehen. Auch
die Geftalten der Apoftel haben ihn wie Caravaggio mannigfach befchäftigt, und
ebenfb aus der Gefchichte Chrifli, namentlich aus feinen Leiden, trat ihm Vieles
nahe; von den chrifllichen Frauen aber die liebliche und zugleich erhabene Er-
fcheinung der Mutter Gottes und die rührenden Geftalten der reuigen Sün-
derinnen, einer Magdalena, einer ägyptifchen Maria u. f w. Alle diele Geftaltungen
weifs er uns mit Hülfe einer auf die feinften Details des menfchlichen (Körpers
eingehenden Technik und in der lebendigen Bewegung und Erregung, wie er
fie liebt, höchft überzeugend vor die Sinne zu rücken. Was insbefondere die
Structur der Haut anlangt, fb ahmt er mit ganz eigenem Pinfelftrich, doch in
breitem Zug, ihre feinen Linien und Fältchen fehr glücklich nach, trifft über-
haupt den Ton des Fleifches gewöhnlich in fo frappanter Weife, dafs das
bekannte Wort Annibale Caraccfs über Caravaggio, dafs er wohl Fleifch
zum Fleifchmalen reibe, noch zutreffender auf Ribera anzuwenden wäre. Dazu
kommt feine Beleuchtung, die er ähnlich feinem Vorbild nach dem Princip der
ftarken Contrafte von Licht und Schatten ausbildet, wobei allerdings die letzteren
ftark nachgedunkelt und dadurch fehr fchwer geworden find. Seine Erfindungs-
gabe ift nicht fehr grofs, doch nüancirt er feine Lieblingsthemen aufs feinfte.
Am geiftreichften ift er vielleicht in feinen Radirungen, deren Bartfeh 18,
die Neueren aber 26 Nummern kennen. Zu den berühmteften darunter zählen
B. Nr. iß der trunkene Silen von Satyrn, einer Bacchantin und zwei Kindern
umgeben, vom Jahre 1628, B. Nr. 14, das Porträt des Don Juan d'Auftria zu
Pferde, im Galopp nach rechts fprengend, Hintergrund die Stadt Neapel, vom
Jahre 1648, was wiederum gegen jene Entführungsgefchichte lpricht. Die beiden
Darftellungen des hl. Hieronymus, wie er die Trompete des Weltgerichts bläft,
Nr. 4 und $ bei Bartlch, und die in der Abbildung wiedergegebene Nummer 12,
der von Amor gegeifselte Satyr (liehe S. 21). Wie leicht und doch vollendet ift
hier der Vortrag, wie humoriftifch, ja fchalkhaft der Ausdruck!
In der Malerei will man auch bei ihm zwei verfchiedene Perioden unter-
fcheiden, die erfte frühe, da er Correggio und den Venezianern gefolgt fei, ge-
SPAGNOLETTO.
zahlreichften zu treffen, befbnders im Mufeum zu Madrid, das 58 Werke von
ihm bektzt. (Siehe unten das Verzeichnis.)
Dabei lebte er auf grofsem Fufs und liefs viele feiner Aufträge durch die
Hand der zahlreichen Schüler nach feinen Entwürfen ausführen, während er felbft
nur wenige beftimmte Stunden des Tages arbeitete.
Doch nahm er es lhets ernft mit feiner Kunft, und die virtuofenhafte Leicht-
fertigkeit eines Fa presto, feines Schülers, ift nicht von ihm ererbt. Feft und
kcher ift: das Gefüge feiner anatomifch vortrefflich gefchulten Zeichnung, er
ifl darin beweglicher und mannigfaltiger, als fein Vorbild Caravaggio. Die
Pfychologie des edlen und unedlen Fanatismus hndet bei ihm eine reiche Scala,
die er mit feinen Gebilden auf und ab Leigt. Da fchildert er uns in feinen
Martyrien nicht allein die kalte Bosheit des Henkers und die frenetilche Wuth
des Pöbels, fondern auch den glaubensftarken Todesmuth des Opfers, verkörpert
uns in feinen beliebten Halbfigurenbildern den Cynismus eines Diogenes, den
Scharffinn eines Archimedes und die Eigenart anderer antiken Philofophen und
läfst uns tief in das zerknirfchte weltflüchtige und doch fb fiegreich mit der
Sünde ringende Herz des hl. Hieronymus blicken, feines Lieblingsheiligen, dem
feine Hand wohl mehr als einhalbhundertmal Leben im Bilde verliehen. Auch
die Geftalten der Apoftel haben ihn wie Caravaggio mannigfach befchäftigt, und
ebenfb aus der Gefchichte Chrifli, namentlich aus feinen Leiden, trat ihm Vieles
nahe; von den chrifllichen Frauen aber die liebliche und zugleich erhabene Er-
fcheinung der Mutter Gottes und die rührenden Geftalten der reuigen Sün-
derinnen, einer Magdalena, einer ägyptifchen Maria u. f w. Alle diele Geftaltungen
weifs er uns mit Hülfe einer auf die feinften Details des menfchlichen (Körpers
eingehenden Technik und in der lebendigen Bewegung und Erregung, wie er
fie liebt, höchft überzeugend vor die Sinne zu rücken. Was insbefondere die
Structur der Haut anlangt, fb ahmt er mit ganz eigenem Pinfelftrich, doch in
breitem Zug, ihre feinen Linien und Fältchen fehr glücklich nach, trifft über-
haupt den Ton des Fleifches gewöhnlich in fo frappanter Weife, dafs das
bekannte Wort Annibale Caraccfs über Caravaggio, dafs er wohl Fleifch
zum Fleifchmalen reibe, noch zutreffender auf Ribera anzuwenden wäre. Dazu
kommt feine Beleuchtung, die er ähnlich feinem Vorbild nach dem Princip der
ftarken Contrafte von Licht und Schatten ausbildet, wobei allerdings die letzteren
ftark nachgedunkelt und dadurch fehr fchwer geworden find. Seine Erfindungs-
gabe ift nicht fehr grofs, doch nüancirt er feine Lieblingsthemen aufs feinfte.
Am geiftreichften ift er vielleicht in feinen Radirungen, deren Bartfeh 18,
die Neueren aber 26 Nummern kennen. Zu den berühmteften darunter zählen
B. Nr. iß der trunkene Silen von Satyrn, einer Bacchantin und zwei Kindern
umgeben, vom Jahre 1628, B. Nr. 14, das Porträt des Don Juan d'Auftria zu
Pferde, im Galopp nach rechts fprengend, Hintergrund die Stadt Neapel, vom
Jahre 1648, was wiederum gegen jene Entführungsgefchichte lpricht. Die beiden
Darftellungen des hl. Hieronymus, wie er die Trompete des Weltgerichts bläft,
Nr. 4 und $ bei Bartlch, und die in der Abbildung wiedergegebene Nummer 12,
der von Amor gegeifselte Satyr (liehe S. 21). Wie leicht und doch vollendet ift
hier der Vortrag, wie humoriftifch, ja fchalkhaft der Ausdruck!
In der Malerei will man auch bei ihm zwei verfchiedene Perioden unter-
fcheiden, die erfte frühe, da er Correggio und den Venezianern gefolgt fei, ge-