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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,3): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1879

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Eisenmann, Oskar: Giuseppe Ribera, gen. Spagnoletto: geb. 1588 zu Xativa, gest. zu Neapel 1656
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https://doi.org/10.11588/diglit.36093#0593

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SEINE HAUPTWERKE.

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mälsigter in der Anfchauung und Wahl feiner Gegenftände, reicher und weicher
in der Farbe, durchhchtiger in den Schatten, und die zweite, da er feinen eignen
Eingebungen folgend und feine befbndere, oben angedeutete Technik ausbildend.,
auf leidenfchaftliche dramatifche Effekte hingearbeitet habe. Indefs fcheint es
zweifelhaft^ ob dies in bewufster Abficht und in fcharfer Begrenzung der Zeiten
bei ihm nachzuweifen ift. Ganz in der Weife CorreggioL und der Caracci hat er
nach Angabe von Scaramuccia (Lettere pittoriche, I; 24) die Capelle zu Sta. Maria
Bianca im Auftrag des Herzogs Ranuccio mit Malereien gelchmückt, doch weils
ich nicht; ob he noch exihiren. Ganz in derfelben Art foll er alsdann anfangs
in Neapel für die Kirche der Unheilbaren die hl. M. la Bianca ausgeführt haben;
was; da das Bild lehr vortrefflich ausgefallen; feine Neider veranlagt habe; ihm
von diefer Richtung abzurathen. Doch ftimmt dies nicht zu dem fetten, ziel-
bewulsten Welen RiberaL. Zu obigen werden ferner gerechnet das Abendmahl
im Chor von S. Martino zu Neapel; in welchem Manche hch an Paolo Veronefe
erinnert fehen wollen; das jedoch vom Jahre 1651, eines feiner Ipäteften Bilder
ild; der hl. Januarius unverfehrt aus dem brennenden Ofen hervorgehend; eine
Darftellung; welche Lanzi falb tizianifch nennt; die aber auch aus Ipäterer Zeit
hammt; und endlich die Anbetung der Hirten im Louvre vom Jahre 1650.
Letzteres Bild ilt jedenfalls eines feiner fchönften, ausgezeichnet durch gemüth-
volle; genreartige Ausführung der Hirten und ihrer Gaben; durch ungewöhnlich
edle Auhaffung der Maria und des Kindes; fowie durch die treffliche coloriftifchc
Behandlung des Ganzen. Ihm gleich ftellt Waagen die Flucht nach Aegypten
in Burleighhoufe, England. Am meiflen den Gefchmack Aller wird vielleicht die
hl. Maria von Aegypten an ihrem Grabe betend, in der Galerie zu Dresden, an-
Iprechen (ffehe S. 24). Von unvergleichlicher Lieblichkeit ift hier der wehmüthige
und zugleich begeifterte Ausdruck des Köpfchens, und wer im Anblick diefes
Werkes dem Meifter Gefühllofigkeit nachlagen kann, der mufs blind lein. Auch
der wahre und tiefe Schmerz im Kopfe der Mater dolorola (hehe S. 25) in der
Galerie zu Caffel, ein Bild, das allerdings in etwas durch die ähnliche Darftellung
TizianL im Mufeum zu Madrid inlpirirt fein mag, dürfte die Bewunderung Aller
verdienen.
Berühmt und ausgezeichnet in ihrer Art find lodann feine verfchiedenen Dar-
ftellungen der Marter des hl. Bartholomäus. Mit der frühften derfelben hatte er
hch feiner Zeit die Gunft des Herzogs von Offuna erworben und er fand, da die
Compohtion offenbar fo recht im Geichmacke feiner Zeitgenoffen war, durch
lpätere Nachbildungen Gelegenheit, den Vorgang in den verfchiedenften Stadien
feiner Entwicklung zu verkörpern. Im fchaudervollen Momente des eigentlichen
Schindens fehen wir ihn auf dem Exemplare in Dresden. Weniger abftolscnd
für unter modernes Gefühl dagegen ift die voraufgehende Stufe, welche das hier
in Abbildung gegebene Gemälde des Berliner Muleums zeigt, wo wir noch den
ergreifenden Ausdruck der aufs höchfte angefpannten körperlichen und geiftigen
Kräfte, lowie die Virtuohtät in der Wiedergabe der erregten Körperbewegungen
zu bewundern im Stande find. Nach Angabe des Berliner Katalogs ift es jedoch
wahrlcheinlich nur eine mit Hülfe von Schülerhänden hergeftellte Replik des unter
Nr. 989 im Museo del Prado zu Madrid befindlichen Originals.
Beim Anblick fblcher Martyrien, wie he allerdings Ribera mit behänderer
Energie gefchaffen, wie he aber vor und nach ihm zahlreich vorhanden und ein
 
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