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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,3): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1879

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Wessely, Joseph Eduard: Antonio Canale gen. Canaletto: geb. in Venedig 1697, gest. daselbst 1768
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https://doi.org/10.11588/diglit.36093#0664

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CANALETTO.

Dem jungen Canale wurde auf einmal die Decorationsmalerei zuwider. Wie
Zanetti lagt, follen unbefcheidene Forderungen der Schaulpieldichter ihn bewogen
haben, das Theater zu verlaffen und auf andere Art fein Glück zu veriuchen. xEs
war um 1719a, Io führt Zanetti des KünRlers eigene Worte an, ^als ich feierlich
das Theater in den Bann that und als junger Mann nach Rom ging,, um hier
Veduten nach der Natur zu malen, a
Im Alter von zweiundzwanzig Jahren alfo entfchlols er Reh, den bisherigen
Lebensweg zu verlaffen und einen neuen zu betreten. Aber, indem er meinte,
etwas Neues zu thun, blieb er gewiffermafsen doch der alten Thätigkeit treu.
Während er früher perfpectivilche Veduten für das Publikum des Theaters malte,
führte er diefelben jetzt für das Publikum der Muieen aus. Die Sache blieb die-
lelbe, nur die Form wurde geändert. Die erfte Erziehung legte den Grund zu
dem, was er werden lollte, ein Architekturmaler, und als fblcher hat er lieh eine
Ehrenftelle in den Annalen der Kunft gelichert.
Wenn Künltler Rom beluchen, um dalelblt ihre Studien zu machen und lieh
in der Kunfi zu vervollkommnen, fo wenden fie ihre hauptfächliche Aufmerklam-
keit den Werken der grofsen Meilter des 16. Jahrhunderts zu, die fie in den
Kirchen und Mufeen finden. Um diele kümmerte lieh Canaletto jedoch nicht im
Geringften. Die Ruinen des alten, die Kirchen und Paläfte des neuen Roms
nahmen leine ganze Seele ein. Die grolsartigen Formen der von der laftigRen
Vegetation überwucherten Ruinen, die vom glühenden Sonnenlichte hervorgezau-
berten blendenden Farben mit ihren tiefvioletten warmen Schattentönen forderten
leinen Pinfel heraus, dies alles getreu auf die Leinwand zu übertragen. Das
Coloffeum interellirte ihn mehr als RaRaeks Loggien im Vatican, die reichen Faffaden
der Palälte mehr als der Kunltreichthum ihrer Säle. Canaletto blieb, wozu ihn
die angeborene Anlage Rempelte, ein Architekturmaler durch und durch.
In die Zeit feines römilchen Aufenthaltes fällt die Thätigkeit eines Malers,
der Reh auf demfelben KunRgebiete einen Namen gemacht hatte. Es iR J. P. Panini,
deffen AnRchten römilcher Ruinen viel bewundert und von kunRliebenden Reifen-
den gern gekauft wurden. Wir beRtzen keine Nachrichten darüber, ob Canaletto
mit diefem KünRler zulammentraf, aber man kann wohl ein lolches Zulammen-
treffen vorausfetzen, da Beide, gleiche Stoffe behandelnd, die gleichen Orte für
ihre Studien auffuchten.
Wie lange Canaletto in Rom blieb, iR unbekannt. Von hier ging er nach
England. HöchR wahrfcheinlich war er mit einem reichen englilchen KunRfreunde
bekannt geworden und von diefem zu der Reife beRimmt.
Da der KünRler bei leinen Gemälden die naturaliRilche Seite der behandelten
GegenRände in ihrer ganzen Wahrheit betonte, ohne Reh je um deren IdealiRrung
zu kümmern, lo mulsten feine mit gewandtem Pinfel fo naturgetreu gelchilderten
Architekturbilder gerade in England Bewunderung Rnden, wo die KunR Reh über-
haupt der naturaliRifchen Auffaffung mit grolser Vorliebe zuwandte. Er war in Lon-
don lehr belchäftigt; von den dalelbR entRandenen Bildern iR aber nichts bekannt,
wahrfcheinlich Rnd Re auf den LandRtzen der Grofsen zerRreut. In der Samm-
lung des Lord Northwick, welche 1839 verReigert wurde, befand Reh ein grolses
Gemälde von der Hand unleres KünRlers, welches die Vermählung des Dogen
von Venedig mit dem Meer auf dem Canale grande vorRellte. Das Bild iR aber
Rcher nicht in England entRanden, londern datirt vielmehr aus Ipäterer Zeit, als
 
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