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PIERRE-JEAN DAVID D'ANGERS.
behellt. Kaum aber war die Ausficht auf fein Fortkommen gefichert, fo fchickte
der Vater ihm feine beiden jungem Schwellern nach Paris, weil er felbft in Angers
nicht im Stande war he zu erhalten, und behielt nur die ältehe zurück, da fein
treues Weib fchon lange unter der Erde ruhte. Doch beide Schwerem konnten
diefe Verpflanzung in die Weltftadt nicht überwinden; die eine flarb bereits nach
wenigen Wochen, die andere 1818.
Die nächflen Ausheilungen brachten eine Fülle von Werken Davids und
bewiefen eine Fruchtbarkeit, die fich heigerte, jemehr der KünfHer die Eigenart
feiner Begabung erkannte. Im Salon von 1822 erfchien die Marmorhatue des
Königs Rene von Anjou mit Krone, Scepter und Hermelin, die gewöhnlichen
Züge des Gehchts nur durch wallendes Seidenhaar gehoben, eine heil. Caecilie
und ein Relief für die Fontaine der Bahille, die beide zerhört find, die Büften
von Ambroise Pare, Franz I., Visconti, Camille Jordan und Volney, — in ihrer
Zufammenftellung fchon eine Illuhration zu des Meihers Ausfpruch: "Je suis un
historien Charge de transmettre la physiognomie des grands hommes.« Nicht lange
darnach enthand die Bühe des Staatsmannes und Botanikers La Revelliere-Lepeaux
und die des Naturforfchers Lacepede, in welchem der Künfller feinen einftigen
Wohlthäter erkannte, fowie das Grabmal des dänifchen Diplomaten, Grafen Burck.
Es ift ein Basrelief mit der fitzenden Gehalt der Wittwe, die trauernd und doch
gefafst zu der Bildnifsherme des Todten emporblickt. Beide Prohlköpfe, die
nackten Arme und Füfse, auch das feinfaltige Kleid der Frau find von einfacher
Schönheit; aber der künhlich gelegte Wittwenfchleier und der harre Zweig mit
der Bandfchleife verrathen die fchwache Seite des Künhlers.
Stilihifch nahe verwandt find die Relieffiguren der Unfchuld und Gerechtig-
keit, welche ein Rundfenher im Hof des Louvre einrahmen. Die Unfchuld, halb-
nackt, behürzt die eine Hand auf das Herz preffend, erhebt behend die Rechte
mit dem Oelzweig zu der hrengen Jungfrau, die, holz und ficher, fchutzgewährend
den Arm aushreckt und mit dem Fufse den Kopf einer Schlange zertritt, die
das Lamm der Unfchuld erfchreckt hat. Die Anordnung der Gehalten im ge-
gebenen Raum ih fehr gefchickt, die Bedeutung klar ausgefprochen; die Anklänge
an die Antike fowohl, wie an die Gewandbehandlung Jean Goujons unverkennbar.
Dies Basrelief heht unvergleichlich höher als alle Werke diefer Art, die den Hof
des Louvre fchmücken, und erlaubt die Annahme, dafs David gewifs mit Glück
auf dem allegorifchen und mythologifchen Gebiet gearbeitet haben würde. Aber
die Darheilung hihorifcher Perfönlichkeiten zog ihn unwiderhehlich an. Unter
den elf Werken, die der Salon von 1824 aufzählt, waren zwei Haupthticke dieser
Art, die Statue Racine's und das Grabmal des Generals Bonchamps.
^Racine hat die Haltung eines Mannes, der tief nachdenkt, — fo fclhldert ihn
David felbh, — er legt die Hand aufs Herz, denn da ih der Herd aller Gedanken,
die ihn zum würdigen Sänger tragifcher Liebe gemacht. In den Zügen habe ich
die träumerifche Melancholie zu zeichnen verfucht, die den Dichtern eigen ih.
In der Linken hält er ein Manufcript und nähert es leife der Rechten, als ob er
fchreiben wollte. Sein Wuchs ih fchlank, von mittlerer Gröfse; durch die Fein-
heit der Formen charakterihrt fich der „zarte" Racine.« Erh 1833 wurde die
Marmorhatue in La Ferte-Milon, dem Geburtsort des Tragikers, enthüllt. oEr
PIERRE-JEAN DAVID D'ANGERS.
behellt. Kaum aber war die Ausficht auf fein Fortkommen gefichert, fo fchickte
der Vater ihm feine beiden jungem Schwellern nach Paris, weil er felbft in Angers
nicht im Stande war he zu erhalten, und behielt nur die ältehe zurück, da fein
treues Weib fchon lange unter der Erde ruhte. Doch beide Schwerem konnten
diefe Verpflanzung in die Weltftadt nicht überwinden; die eine flarb bereits nach
wenigen Wochen, die andere 1818.
Die nächflen Ausheilungen brachten eine Fülle von Werken Davids und
bewiefen eine Fruchtbarkeit, die fich heigerte, jemehr der KünfHer die Eigenart
feiner Begabung erkannte. Im Salon von 1822 erfchien die Marmorhatue des
Königs Rene von Anjou mit Krone, Scepter und Hermelin, die gewöhnlichen
Züge des Gehchts nur durch wallendes Seidenhaar gehoben, eine heil. Caecilie
und ein Relief für die Fontaine der Bahille, die beide zerhört find, die Büften
von Ambroise Pare, Franz I., Visconti, Camille Jordan und Volney, — in ihrer
Zufammenftellung fchon eine Illuhration zu des Meihers Ausfpruch: "Je suis un
historien Charge de transmettre la physiognomie des grands hommes.« Nicht lange
darnach enthand die Bühe des Staatsmannes und Botanikers La Revelliere-Lepeaux
und die des Naturforfchers Lacepede, in welchem der Künfller feinen einftigen
Wohlthäter erkannte, fowie das Grabmal des dänifchen Diplomaten, Grafen Burck.
Es ift ein Basrelief mit der fitzenden Gehalt der Wittwe, die trauernd und doch
gefafst zu der Bildnifsherme des Todten emporblickt. Beide Prohlköpfe, die
nackten Arme und Füfse, auch das feinfaltige Kleid der Frau find von einfacher
Schönheit; aber der künhlich gelegte Wittwenfchleier und der harre Zweig mit
der Bandfchleife verrathen die fchwache Seite des Künhlers.
Stilihifch nahe verwandt find die Relieffiguren der Unfchuld und Gerechtig-
keit, welche ein Rundfenher im Hof des Louvre einrahmen. Die Unfchuld, halb-
nackt, behürzt die eine Hand auf das Herz preffend, erhebt behend die Rechte
mit dem Oelzweig zu der hrengen Jungfrau, die, holz und ficher, fchutzgewährend
den Arm aushreckt und mit dem Fufse den Kopf einer Schlange zertritt, die
das Lamm der Unfchuld erfchreckt hat. Die Anordnung der Gehalten im ge-
gebenen Raum ih fehr gefchickt, die Bedeutung klar ausgefprochen; die Anklänge
an die Antike fowohl, wie an die Gewandbehandlung Jean Goujons unverkennbar.
Dies Basrelief heht unvergleichlich höher als alle Werke diefer Art, die den Hof
des Louvre fchmücken, und erlaubt die Annahme, dafs David gewifs mit Glück
auf dem allegorifchen und mythologifchen Gebiet gearbeitet haben würde. Aber
die Darheilung hihorifcher Perfönlichkeiten zog ihn unwiderhehlich an. Unter
den elf Werken, die der Salon von 1824 aufzählt, waren zwei Haupthticke dieser
Art, die Statue Racine's und das Grabmal des Generals Bonchamps.
^Racine hat die Haltung eines Mannes, der tief nachdenkt, — fo fclhldert ihn
David felbh, — er legt die Hand aufs Herz, denn da ih der Herd aller Gedanken,
die ihn zum würdigen Sänger tragifcher Liebe gemacht. In den Zügen habe ich
die träumerifche Melancholie zu zeichnen verfucht, die den Dichtern eigen ih.
In der Linken hält er ein Manufcript und nähert es leife der Rechten, als ob er
fchreiben wollte. Sein Wuchs ih fchlank, von mittlerer Gröfse; durch die Fein-
heit der Formen charakterihrt fich der „zarte" Racine.« Erh 1833 wurde die
Marmorhatue in La Ferte-Milon, dem Geburtsort des Tragikers, enthüllt. oEr